Jetzt offiziell: Getir schluckt Gorillas für 1,2 Milliarden

Womöglich beginnt jetzt die grosse Bereinigung in der Ess-Delivery-Branche.

9.12.2022
image
Das waren noch Hipster-Zeiten: Gorillas-«Riders» in einem Pressebild.
Mitte Oktober kamen die ersten Gerüchte auf: Getir soll an Gorillas interessiert sein. Jetzt folgt die Meldung, dass die Übernahmeverhandlungen des Berliner Expresslieferdienstes durch den türkischen Konkurrenten unter Dach und Fach ist.
Getir selber bestätigte den Deal via Linkedin-Post. Womöglich wird Gorillas für einen Betrag von 1,2 Milliarden Dollar übernommen. Dies meldet jedenfalls die «Financial Times» unter Berufung auf Eingeweihte («people familiar with the matter»).
Konkrete Angaben zu den Bedingungen machten die Unternehmen nicht. Laut dem Fachmedium «Deutsche Startups» erhalten die Gorillas-Aktionäre rund 12 Prozent an der gemeinsamen Firma (womit Getir-Gorillas mit 10 Milliarden Dollar bewertet wäre). Zudem fliesse eine Cash-Komponente von 100 Millionen Euro primär an die Gesellschafter, die Gorillas in den letzten Monaten eine Brückenfinanzierung zur Verfügung gestellt haben.
Es ist der grösste Konsolidierungsschritt in der Delivery-Branche. Gorillas wie Getir haben im Kern dasselbe Geschäftsmodell: Es sind schnelle Liefer- beziehungsweise Kurierdienste für Food mit internationalem Anspruch.
Gorillas aus Berlin setzte im letzten Jahr rund 260 Millionen Euro um und beschäftigt 11'000 Mitarbeiter; Getir aus Istanbul erreichte einen Umsatz von etwa 1 Milliarde Dollar und beschäftigt rund 32'000 Personen.
Beide Food-Lieferanten stehen in diesem Jahr unter massivem Druck: Die Krise nagt, die Zinsen drücken. Oder anders: Das Nachfrage-Wachstum schwächte sich ab, während die Finanzierung der Defizite ist schwieriger geworden. Sowohl Gorillas als auch Getir mussten jüngst Personal abbauen und bekannt geben, dass geplante Expansionsschritte verschoben werden.
Auch die Fusion wäre mit weiteren Arbeitsplatz-Streichungen verbunden, so die «Financial Times»-Quellen.

Wert fast halbiert

Dass die ganze Branche vor einer Bereinigung steht – mit nachfolgender Gesundschrumpfung –, dies war denn auch seit einiger Zeit absehbar: Letztlich sind die Kapazitäten zu gross. Und die Bewertungen der letzten Jahre dürften übertrieben sein.
Gorillas war noch vor einem Jahr, im Oktober 2021, mit 2,1 Milliarden Euro bewertet worden. Das heisst: Falls sich der Zusammenschluss unter diesen Bedingungen bestätigt, hat sich der Wert der Berliner Firma in knapp 14 Monaten fast halbiert.
  • Zum Thema: Nestlé bricht Convenience-Food-Experiment ab. Vor zwei Jahren investierte Nestlé USA massiv in die Lieferfirma Freshly. Jetzt folgt die Abkehr.

  • food
  • e-commerce
  • delivery
Artikel teilen

Loading

Comment

Home Delivery
1 x pro Woche. Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Auch interessant

image

Trotz Hitzesommer nur mässig Lust auf Glacé

Rund 57 Millionen Liter industriell hergestelltes Speiseeis wurden 2023 hierzulande konsumiert. Ein Minus von 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

image

Die 8 wichtigsten Trends für den Food-Handel in Europa

Gespaltene Kundschaft, mehr Retail Media, Personalmangel und Bots: McKinsey liefert Vorschläge zu prägenden Tendenzen 2024.

image

Temu & Co drücken Schweizer Online-Handel spürbar nach unten

Dies meldet die Swiss Retail Federation. Nun müsse die Politik eingreifen, fordert der Verband.

image

Bioprodukte machen mehr Umsatz

Trotz gedämpfter Konsumstimmung wurden 2023 in der Schweiz vier Milliarden Franken für Bio-Produkte ausgegeben. Bio Suisse sieht den Trend ungebrochen.

image

«The Green Mountain» wird erneut ausgezeichnet

Die Hilcona Taste Factory sammelt Auszeichnung um Auszeichnung. Die neuste: Der «Peta Vegan Food Award 2024»» für das bestes vegane Steak.

image

Barry Callebaut: Mehr Absatz, mehr Umsatz – und doch schlechteres Resultat

Der Zürcher Schokoladekonzern konnte die steigenden Beschaffungspreise im ersten Halbjahr recht effizient weiterreichen.