Es ist zum Hornen: Kaum ein Thema hat die Schweizer Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten stärker beschäftigt als das Horn an der Kuh. Über 3000 Medienartikel sind dazu erschienen. Eine Volksinitiative kam und ging (verloren), eine neue soll bald kommen (
hier).
Und die Eidgenössischen Räte schlugen sich den halben Herbst mit dem Thema herum. Um es schliesslich im Gülleloch zu versenken?
Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Denn womöglcih scheint nun ein Paradigmenwechsel möglich. Der Grund: Kühe mit Hörnern sind produktiver. Sie geben mehr Milch. Wenn auch sonst nichts für Hornkühe sprechen würde: Ihre höhere Wirtschaftlichkeit tut es.
Schweizer Braunvieh als Versuchskaninchen
Zu jenem Ergebnis kommt jedenfalls eine
eine Studie, die von der deutschen Migros-Tocher Tegut unterstützt wurde. Das deutsche Forschungsinstitut Kwali untersuchte dafür 20 Exemplare des hierzulande weit verbreiteten Schweizer Braunviehs.
Mittels fluoreszenzanregungsspektroskopischen Messungen an insgesamt 152 Milchproben sollte sich die «Bedeutung von kuhindividuellen Effekten und die Bedeutung des Hornstatus (behornt vs. unbehornt), des Futters (Heu mit und ohne Kraftfutter) und der Umgebungstemperatur (10 °C vs. 25 °C) auf die Parameter der verzögerten Lumineszenz (DL) von Milchproben» erkennen lassen.
Horn, Heu, Hitzeresistenz
Fazit: Unter den 20 untersuchten Kühen waren diejenigen mit Hörnern produktiver, insbesondere wenn sie zusätzlich Heu zu fressen erhielten. Dieselben Kühe waren zudem resistenter gegenüber Hitze.
Um die exakten Zusammenhänge zu eruieren, würde es (wie in der Wissenschaft meistens) weiterer Forschung bedürfen, schreiben die Experten. Doch dass Zusammenhänge bestehen, ist laut der Studie klar.
Damit könnte sich für Schweizer Landwirte weniger denn je die Frage stellen, ob für die Haltung von Hornvieh zusätzliche Subventionen nötig sind – oder ob sie gar als Vorschrift in die Verfassung geschrieben werden soll. Denn horntragende Milchkühe haben bereits einen unschlagbaren – weil finanziellen – Vorteil: MEHR MILCH.
Selbst das hoch gekochte Argument, behornte Kühe würden sich gelegentlich verletzen, hat an Bedeutung verloren, seit es Hornkugeln gibt (erhältlich zum Beispiel
hier). Sie verhindern blutige Zusammenstösse rivalisierender Milchkühe zuverlässig.
Hornkugeln | Bild: Hauptner.ch / Screenshot
Kurzum: Endlich kann sich die Schweizer Landwirtschaft um wichtigere Probleme kümmern, die ihnen von Tierschützern und Konsumenten aufgedrängt werden.
Zum Beispiel um die Frage, ob aus Gründen der politischen Korrektheit in Zukunft nicht alle Gemüse und Früchte jenseits der üblichen Normvorgaben von Natur aus mit Schönheitsfehlern – also «ünique» – wachsen dürfen sollten. Oder die Diskussion, ob rein vegan ernährtes Nutzvieh gut sichtbar mit dem international anerkannten und geschützten V-Label gekennzeichnet werden darf, soll oder muss.