Belästigungsvorwürfe: Brauerei Schützengarten ersetzt Kadermann

Die St. Galler Brauerei muss auf einen «Porno-Skandal» reagieren, den der «Blick» publik gemacht hat. Nach der Veröffentlichung hat sie dem inkriminierten Vorgesetzten gekündigt.

13.10.2022
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Bild: PD Schützengarten FB
Gestern machte der «Blick» das Fehlverhalten eines Kadermanns der Wiederkehr Getränke AG in St. Gallen publik. In der Tochterfirma der St. Galler Brauerei Schützengarten hatte ein Chef vor der Mitarbeiterin Pornos konsumiert, auch habe die Angestellte ihn im Büro «x Mal mit der Hand zwischen seinen Beinen» angetroffen.
Vor allem: Im Gefolge der daraus entstehenden Spannungen wurde nicht etwa der Kadermann entlassen, sondern die Mitarbeiterin musste ihren Platz räumen – so die Darstellung.
Heute antwortet das Brauunternehmen mit einem Rechtfertigungsschreiben. Darin halten Reto Preisig, der Vorsitzende der Geschäftsleitung der Brauerei Schützengarten, und Verkaufsdirektor Kurt Moor fest: «Wir verurteilen das inakzeptable Fehlverhalten des Vorgesetzen, durch den sich eine ehemalige Mitarbeiterin der Firma verständlicherweise und zu Recht belästigt fühlte.»

«Im Nachhinein falsch»

Konkret geht das Statement nicht ein auf Vorwürfe der Mitarbeiterin, wie sie im «Blick» veröffentlicht wurden. Aber unterm Titel «Fehlverhalten von Vorgesetzten wird nicht toleriert» schreibt die Brauerei: «Es tut uns deshalb ausserordentlich leid, dass die Mitarbeiterin belästigt und ihr gekündigt worden war. Das war im Nachhinein betrachtet falsch und hätte so nicht passieren dürfen.» 
Nach der Aufdeckung habe das Unternehmen «jedoch alles unternommen, um den Fehler (der Frau) gegenüber wiedergutzumachen. Wir haben uns bereits damals bei der betroffenen Mitarbeiterin entschuldigt und sie an anderer Stelle wieder eingestellt. Dort war jedoch aus verschiedenen Gründen langfristig leider keine Weiterbeschäftigung möglich.»

8000 Franken: «Angemessene» Genugtuung

Dies widerspricht in mehreren Aspekten der Berichterstattung im «Blick». Die Mitarbeiterin, eine kaufmännische Angestellte, die offenbar ihrem Chef und Belästiger direkt unterstellt war, wurde als Verkäuferin umplatziert – laut der Mitarbeiterin eine Degradierung. Und sie sei, so der Medienbericht, dort häufig «kritisiert» worden, bis sie dem Druck nicht mehr Stand gehalten hätte.
Darauf folgte bald die Entlassung und «eine Genugtuung von 8000 Franken von Schützengarten plus einen Monatslohn». Diese wird im Schreiben der Brauerei als «angemessen» bezeichnet. Die heute 59-jährige Mitarbeiterin und ihr Anwalt hätten sie als «faire Lösung erachtet und akzeptiert».

Geheimhaltungs-Vereinbarung

Schliesslich musste die entlassene Arbeitnehmerin eine Vereinbarung zur Geheimhaltung der Vorgänge unterschreiben, bei deren Zuwiderhandlung eine Strafe von 5000 Franken anstünde.
Die Entgegnung der Brauerei Schützengarten auf den Presseartikel endet mit den Sätzen: «Wir können nur nochmals betonen: Wir verurteilen das Fehlverhalten des Vorgesetzten und bedauern, dass die ehemalige Mitarbeiterin darunter leiden musste.»
Wie die Brauerei am Donnerstag bekanntgab, hat sie dem inkriminierten Kadermitarbeiter inzwischen die Stelle gekündigt.
Die Reaktion der Brauerei Schützengarten auf den skandalisierenden Bericht des «Blick» enthält Rechtfertigungsversuche und Unklarheiten, die vermuten lassen, dass das Management die Bereinigung eher zwangsweise denn proaktiv durchführt.
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