Chinesischer Fast-Fashion-Hersteller baut neue Fabrik – in Europa
Bislang war der Fall klar: Massenware für H&M oder Walmart wird in Asien gefertigt. Aber auch das dreht.
3.01.2024Können wir auch: Werkstatt von Shanghai Jingqingrong | PDDie Shanghai Jingqingrong Garment Co. gehört zu den führenden Kleider-Fertigern von China: Sie produziert für Uniqlo, Zara, H&M und Cos; aber auch Walmart, Carrefour und der Walt-Disney-Konzern stehen auf der Kundenliste.
Pro Jahr verlassen rund 8 Millionen Kleidungsstücke seine Betriebe in Grossraum Schanghai und in den Provinzen Henan und Anhui. Insgesamt umspannen seine Fabriken 26'000 Quadratmeter, auf denen über 2000 Personen beschäftigt sind.
Kurz: Bei Shanghai Jingqingrong findet man den üblichen Dreisatz der globalisierten Textilproduktion: Günstige Arbeitskräfte in China – Massenfertigung im namenlosen Grossbetrieb – und am Ende hängen die Kleider bei bekannten Brands in Europa, Japan und Amerika.
Nearshoring in Barcelona
Aber Shanghai Jingqingrong dreht jetzt den Spiess um. Wie die Regionalregierung und die Wirtschaftsförderung von Katalonien am Dienstag bekannt gaben, baut der chinesische Massenfertiger sein nächstes Werk in Ripollet, knapp 20 Kilometer nördlich von Barcelona. Die Produktion soll noch im ersten Halbjahr 2024 beginnen.
Natürlich war in den letzten Jahren schon allerhand von Nearshoring die Rede:
- Da holten europäische Hersteller einen Teil der Produktion respektive der Supply Chain näher ans Heimatland.
- Oder sie bauten – wie Adidas – im anbrechenden Zeitalter der 3D-Fertigung plötzlich wieder europäische High-Tech-Fabriken, welche den Billig-Lohn-Vorsprung der Asiaten übertrumpfen konnten.
- Oder sie liessen (wie diverse italienische Modelabels) ihre edlen Schneiderstücke weiter nach alter Tradition in toskanischen Dörfern nähen – einfach durch importierte chinesische Arbeitskräfte.
- Oder aber – ein weiteres Muster – asiatische Hersteller kamen nach Europa, um Design- und Entwicklungsbüros zu gründen. Mit dem Ziel, dereinst von hier aus selber italienischen oder französischen Chic vermarkten zu können.
Doch ein chinesischer Massenhersteller, der in Old Europe Fast Fashion macht?
Shanghai Jingqingrong wird zeigen, ob auch dies ein Weg in die Zukunft ist. Offenbar geht es dem Management aus Chinas Wirtschaftsmetropole darum, nach ersten Auslands-Tests in Myanmar und Kambodscha weitere internationale Erfahrungen zu machen – und dabei auch etwas mehr Kundennähe zu gewinnen.
Riesig ist das Projekt denn auch nicht: Die Chinesen investieren 3 Millionen Euro und schaffen 30 Arbeitsplätze, wobei sich das Werk in Katalonien auf die Herstellung von Strickwaren spezialisieren wird.
Also auf etwas, wo eine bestehende Handwerks-Tradition durchaus einen Qualitätsvorteil bieten kann. Und wo das Label «Made in Spain» wohl einen gewissen Aufpreis erlaubt.
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