Pucks statt Bälle: Wie die Amerikaner das Coffee-B-System der Migros verkaufen

Der Kaffee-Riese Keurig Dr. Pepper baut auf der Portionen-Technologie von Delica ein eigenes System. Und kündigt damit ebenfalls eine Kaffee-Revolution an.

17.03.2024
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Sie nennen es «K-Round»: Kaffee-Portionen im neuen System von Keurig Dr. Pepper  |  Bild: PD
Im Herbst 2022 sprach die Migros von der «grössten Produkteinnovation» ihrer Firmengeschichte: So kündigte sie Coffee B an – das Kaffeekapsel-System ohne Kapsel. Als das Produkt dann da war, fanden die Journalisten gern mal spöttische Bemerkungen, und seither berichten sie lieber über Absatzschwierigkeiten und Preisnachlässe als über die Innovation, die dahinter steckt.
Doch bekanntlich werden viele Erfolge erst mit der Zeit greifbar. Und wer weiss: Gut möglich, dass sich das Kompostier-Kaffee-Kapsel-System der Migros-Tochter Delica dereinst doch als grosse Innovation entpuppen wird.
Denn Fakt ist: Der amerikanische Kaffee-Konzern Keurig Dr. Pepper gab letzte Woche bekannt, dass er die Coffee-B-Technologie übernimmt und weiterführt. Mit rund 11 Milliarden Franken macht Keurig Dr. Pepper alleine mit Kaffee gut ein Drittel so viel Umsatz wie der ganze MGB-Konzern. Es ist der grösste Anbieter von Einzelportionen-Systemen in Nordamerika, das Unternehmen aus Texas beliefert laut eigenen Angaben 45 Millionen Haushalte in den USA und Kanada. Und überhaupt ist es einer der führenden Kaffeeverarbeiter der Welt.

«The next level»

Interessant dabei: Die Amerikaner kündigen das neue Produkt ähnlich selbstüberzeugt an wie die Migros ihres vor zwei Jahren. Also als Revolution.
«Jetzt sind wir bereit, um diese Produktgruppe erneut zu disruptieren», heisst es in einem Imagefilm, den Keurig Dr. Pepper zur Lancierung entwickelt hat. Oder: «Kaffee wird nie mehr dasselbe sein.»
Die Hauptbotschaft des 7-Minuten-Films und der Kampagne ist eindeutig: Hier gibt es nicht einfach ein neues Kaffeeprodukt, nicht einfach eine weiteres Kapselformat – sondern hier wird «the next level» des Kaffeekonsums erklimmt. «Wenn du die Quelle des Kaffees in jedem Haushalt sein willst, dann musst du dich selber neu erfinden», sagt CEO und Konzernpräsident Bob Gamgort.
Wobei das Ganze konsequent so dargestellt wird, als ob es von einer eigenen F&E-Abteilung entwickelt worden sei; und keineswegs irgendwo im Baselbiet.
Das Produkt dazu ist allerdings auch kein Ball, sondern eher ein Puck: Das neue Kaffee-System mit Kompostier-Möglichkeit basiert auf einer Art Kaffeescheiben. Und wie bei der Migros bietet der US-Konzern gleich die Automaten an, die zum Einsatz benötigt werden.
Denn das US-Angebot hat doch auch eine starke eigene Komponente. So sind die Maschinen für die Verwendung der Pucks («K-Rounds» genannt) auch geeignet, die älteren Einzelportionen-Pods von Keurig zu verwenden.

Tempo dank Migros

Die Rolle der Migros wurde immerhin im Bericht von «Wired» thematisiert: Amerikas «Tech-Bibel» fand die kompostierbaren Pucks wichtig genug für einen Beitrag – und Phil Drapeau, ein Entwicklungs-Manager von Keurig, berichtete darin, wie die Partnerschaft mit Delica den Zeitplan für die Forschung beschleunigte. Die Texaner hatten schon seit vier oder fünf Jahren an derselben Idee gearbeitet – und dann kam die Migros.
«Durch die Zusammenarbeit mit Delica», so Drapeau, «konnten wir uns voll auf die Anpassung der Technologie für den nordamerikanischen Konsumenten konzentrieren und die Entwicklung beschleunigen und vorantreiben.»
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