«Buitonigate»: Opfer-Anwalt fordert 250 Millionen von Nestlé
Der Coli-Bakterien-Fall bei Tiefkühlpizzen in Frankreich zeigt, wie vielfältig die Folgeschäden solcher Lebensmittel-Skandale sind.
19.09.2022Es geschah im vergangenen Mai: In der Buitoni-Fabrik in Caudry, Nordfrankreich, gerieten E.Coli-Bakterien in Tiefkühlpizzen der Marken «Fraich'Up», «Four à pierre» und «Bella Napoli». Insgesamt 56 Personen wurden infiziert, einige mussten ins Spital, zwei Kinder starben womöglich im Zusammenhang mit der Verunreinigung.
Dass dem Buitoni-Mutterkonzern Nestlé deshalb Zivilklagen drohen, war absehbar und angekündigt. Nun gab der Rechtsvertreter von 55 Opfern aber in der französischen Sonntagspresse bekannt, welche Schadenersatz-Summe die Gruppe fordert: 250 Millionen Euro.
Der grösste Foodskandal?
Dieser Betrag wäre eine «réparation à hauteur des drames humains», erklärte der Anwalt Pierre Debuisson, also eine Entschädigung in Höhe der menschlichen Dramen. Und immerhin handle es sich im Fall der verunreinigten Pizzen um den «grössten Nahrungsmittelskandal in Europa in den letzten 30 Jahren.»
Dies wird vor dem angerufenen Gericht in Nanterre noch zu diskutieren sein – etwa angesichts des internationalen Salmonellen-Skandals 2014, des EHEC-Falls 2011 oder der BSE/Creutzfeldt-Jacob-Affäre von 1996.
Für Pierre Debuisson stellt die verlangte Summe aber ein Verhältnis her zwischen dem «moralischen Schaden» der Opfer einerseits und zum Umsatz des Food-Riesen Nestlé andererseits: So gerechnet sei seine Forderung keineswegs wahnsinnig («délirant»).
Rechtsstreit trifft auf Arbeitsstreit
Neben den Zivilklagen laufen bereits seit Mai 2022 Strafverfahren, die dem Verdacht der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung nachgehen. Für Nestlé kommt als Problem hinzu, dass Angestellte des Werks in Caudry vor wenigen Tagen auf Radio France über Hygienemängel klagten: Die Zeiten für die Reinigung seien 2015 verkürzt worden, verrieten sie etwa.
Dabei wiederum steht im Hintergrund, dass Nestlé die Fabrik in Caudry verkleinern will, was zum Abbau von 50 bis 80 Arbeitsplätzen führen dürfte. Als Alternative gebe es nur die Schliessung, so die Geschäftsleitung – ein Vorgang, gegen den die Gewerkschaft Force Ouvrière wiederum auf die Barrikade geht.
Derzeit hofft das Nestlé beziehungsweise Buitoni, zwei Produktionslinien der Fabrik in Caudry im November wieder aufstarten zu können.
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