Grossbritannien: Die Inflation hilft den Dickmachern

Die Regierung in London bläst ihr Massnahmenpaket gegen Junk Food ab. Grund: die steigenden Lebenshaltungskosten.

16.05.2022
image
Premierminister Boris Johnson beim Besuch eines Food Market in London | Bild: Tim Hammond / No 10 Downing Street / CC.
Bekanntlich trifft die Inflation die ärmeren Schichten oft am stärksten. Und bekanntlich verpflegen sich die ärmeren Schichten öfter mit ungesunden Nahrungsmitteln. Also auch mit dem, was man gemeinhin Junk Food nennt.
Dies hat die britische Regierung nun in eine heikle Lage gebracht. Premierminister Boris Johnson hatte vor seiner Wahl angekündigt, dass er gegen das grassierende Übergewicht im Königreich vorgehen werde. Und tatsächlich beschloss die Regierung dann ein Paket gegen Obesity; beziehungsweise Massnahmen gegen billige Kalorienbomben und insbesondere gegen die Werbung für Ungesundes.

Nicht vor 21 Uhr

Unter anderem sollte den Detailhändlern «Zwei für eins»-Aktionen bei gewissen Nahrungsmitteln und Süssgetränken verboten werden, ferner deren Promotion in gewissen Zonen der Läden und Supermärkte. Untersagt würde auch einschlägige Dickmacher-Werbung auf Online-Plattformen sowie im Fernsehen vor 21 Uhr.
Doch wie die britischen Medien nun erfuhren, zieht Boris Johnson die Notbremse. Das Massnahmenpaket sollte eigentlich ab Oktober eingeführt werden – jetzt wird es auf die lange Bank geschoben.
Mehrere Minister hätten den Premier überzeugen können, dass es angesichts der Teuerung ungeschickt wäre, Günstig-Food-Aktionen zu verbieten und dem Detailhandel, den Lebensmittelherstellern sowie auch der Werbe- und Medienbranche das Leben zu erschweren.

«Verschenkte Chance»

Nach der Kehrtwende hagelte es aber auch umgehend Kritik. Der Fernsehkoch und Food-Unternehmer Jamie Oliver meinte zum Entscheid: «Das ist eine verschenkte Chance und bedroht die gesamte Fettleibigkeits-Strategie. Regeln wie die Begrenzung der Junk-Food-Werbung für Kinder sind entscheidend, um Fortschritte zu erzielen. Und sie sind in der Öffentlichkeit beliebt.»
Doch zuvor schon war offen, ob – und wie entschlossen – die neuen Regeln fürs Marketing von salz-, fett- und zuckerreichen Nahrungsmitteln überhaupt durchgesetzt würden. Kellogg's hatte Ende April angekündigt, die entsprechenden Verordnungen auch juristisch anzugreifen.
Mehr/Quellen:

  • food
  • marketing
Artikel teilen

Loading

Comment

Home Delivery
1 x pro Woche. Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Auch interessant

image

Migros Aare: Keine Seniorenrabatte mehr im Supermarkt

Das Angebot der Genossenschaft im Raum Bern, Aargau und Solothurn war ohnehin eine Ausnahme im Migros-Universum.

image

Dieser Online-Store ist besonders praktisch

Zu diesem Schluss kommt eine Experten-Community mit 6’500 Stimmen: Hugo Boss gewann den deutschen Shop Usability Award.

image

Denner: +1.1 Prozent. Fenaco: +1.2 Prozent.

Die ersten Signale aus der Lohnrunde im Detailhandel stellen klar: Es reicht bestenfalls für den Teuerungsausgleich. Und auch das nur knapp.

image

Unilever streicht deutlich weniger Jobs als befürchtet

Im Sommer plante der Konsumgüter-Gigant noch den Abbau von 3'200 Stellen. Nun dürften noch halb so viele Jobs betroffen sein.

image

Das Pflanzen-Steak darf Steak genannt werden

Und Veggie-Wurst ist Wurst: Das oberste Gericht der Europäischen Union wandte sich gegen die Fleisch- und Milch-Lobby. Ein Entscheid, der auch fürs Marketing in der Schweiz bedeutsam ist.

image

Cedric El-Idrissi: Von Coca-Cola zu Kägi

Der ehemalige Spitzensportler aus dem Seeland übernimmt die Leitung des Waffel- und Biscuit-Spezialisten aus dem Toggenburg.