Italien blockiert Nutri-Score
Die italienische Wettbewerbsbehörde erachtet Nutri-Score als widerrechtlich. Dieses bewerte den Nährwert von Lebensmitteln zu pauschal.
6.07.2022Die Kokosguetzli des Produzenten Dukan aus Frankreich schmecken der italienischen Wettbewerbsbehörde AGCM nicht, oder vielmehr: die Nutri-Score-Bewertung des Produkts auf der Verpackung. Nutri-Score bewertet die Gesundheit und Ausgewogenheit von verarbeiteten Lebensmitteln mit Noten zwischen A (grün) und E (rot).
Die Dauerbackware von Dukan hat die A-Note erhalten, was Konsumenten laut AGCM dazu bringen könnte, zu viel des Produkts zu verzehren und sich damit ungesund zu ernähren.
Unpräzise und irreführend
Vernachlässigt werden laut der italienischen Behörde Faktoren wie die genetischen Charakteristika, der allgemeine Gesundheitszustand, die Lebens- und Arbeitsweise sowie die gesamte Ernährungsweise des einzelnen Konsumenten. Ihm werde vorgemacht, das Produkt sei an sich gesund, auch wenn es in grossen Mengen genossen würde. Für die Behörde ist Nutri-Score damit zu unpräzise und potentiell irreführend.
Die Rüge der AGCM könnte dazu führen, dass in Italien Produkte mit der Gesundheitsampel nicht mehr verkauft werden dürfen. Das Verdikt kommt den Kritikern des Ampelsystems entgegen, das von der französischen Gesundheitsbehörden kreiert und eingeführt wurde.
Bund unterstützt Nutri-Score
Das Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärweisen sprach sich 2019 für die Nutzung von Nutri-Score durch die Hersteller aus. Gleichzeitig mahnte es an, weiterhin die Schweizer Lebensmittelpyramide als Richtschnur zu beachten.
Ein gewichtiger Kritikpunkt betrifft stark verarbeitete Lebensmittel («Highly processed foods») wie die Biscuits von Dukan, die von Lebensmittelexperten generell schlechte Noten erhalten. Das NOVA-System zur Klassifizierung von Lebensmitteln, das etwa in Brasilien angewendet wird, bewertet solche stark verarbeiteten Produkte generell mit der schlechtesten Note 4.
Nutri-Score – von A bis E und Grün bis Rot: Die Note A gibt es nur für reines Wasser, ein E gibt es für stark fetthaltige oder sehr süsse Lebensmittel.
Doch auch Nahrungsmittelhersteller und die Landwirtschaftslobby kritisieren Nutriscore, zum Beispiel weil reines Wasser als einziges Getränk die Bestnote erhält beziehungsweise Milchprodukte generell schlechte Bewertungen erhalten.
EU-Regelung in der Ferne
Ob Nutri-Score – oder ein anderes Ampelsystem für Food – eines Tages in der gesamten EU zwingend eingeführt wird, wie es etwa der deutsche Konsumentenschutz fordert, steht weiter in den Stern. Bisher ist die nationale Einführung von erweiterten Nährwertkennzeichen nach EU-Recht nicht möglich.
Industrie, Handel, Produzenten, Wissenschaft und Konsumentenschutz streiten derzeit auf politischer Ebene um die korrekte Einstellung des Algorithmus von Nutri-Score, welcher den Produktebewertungen zu Grunde liegt.
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