Quick Commerce: Gorillas bläst Expansion in die Schweiz ab

Die Zürcher Tochtergesellschaft des Bringdienst-Riesen wurde gerade mal ein Jahr alt.

19.08.2022
image
Wie wichtig ist das Tempo wirklich? — Quick-Commerce-«Rider»  |  Bild von: Szymon Fischer on Unsplash
Gorillas lässt den Markt Schweiz links liegen. Wie die «Lebensmittelzeitung» berichtet, hat der Lieferdienst – rund 14'000 Angestellte weltweit – seine Tochterfirma in der Schweiz bereits wieder geschlossen. Es ist einer von mehreren Zwischenstopps: In Dänemark übernahmen Investoren das Gorillas-Ruder übernommen, und der Shop in Spanien ging in eine Sommerpause.
In der Tat wurde die Gorillas Technologies GmbH in Zürich dieser Tage aufgelöst. Am gestrigen Donnerstag veröffentlichte das Handelsamtsblatt den Aufruf: «Die Gläubiger der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung werden aufgefordert, ihre Ansprüche anzumelden.» Rund einen Monat zuvor hatten die Gesellschafter den Abbruch beschlossen und einen Liquidator eingesetzt.

Chef war der Gründer

Damit wurde das Projekt «Gorillas Schweiz» gut ein Jahr alt. Im Mai 2021 hatte Gorillas, damals ein Einhorn mit Milliardenbewertung, die Stelle eines Head of Expansion Switzerland ausgeschrieben, im Juli folgte die Gründung der Tochtergesellschaft in Zürich. Als Geschäftsführer fungierte Konzernchef und Firmengründer Kagan Sümer.
Ganz erstaunlich ist der Abbruch nicht. Die Bringdienste waren 2021 noch ein Versprechen, aber im Sommer 2022 haben sie ihre grosse Zukunft womöglich schon hinter sich: Abgeblasene Börsengänge; sinkende Bewertungen; wieder grössere Verluste und Rückzug aus diversen Märkten (mehr, mehr) – die letzten Monate wurden zur Schwächephase.

Hohe Kosten, kleine Städte

Und offensichtlich wurde dabei auch, wie schwierig speziell der helvetische Markt für die Lieferservices ist.
Der E-Commerce-Berater Matthias Schu zeichnet beispielsweise ein skeptisches Bild: «Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass die Schweiz u.a. auf Grund der hohen Personalkosten und zu kleinen Städten in 6 bis 12 Monaten ein Quick-Commerce-freier Markt ist und alle jetzigen Player wegen Finanzierungsnöten und mangelnden Erfolgsaussichten wieder eingestampft werden», kommentiert er auf Linkedin das Out von Gorillas Schweiz.
Und wie schon beim Teil-Rückzug von Stash stellt sich ohnehin die Frage, wie gross die Nachfrage nach Turbo-Food-Lieferungen eigentlich ist. Es ist ein Zufall (aber ein bemerkenswerter), dass die Schliessung des Projekts Gorillas Schweiz an dem Tag bekannt wird, an dem Galaxus das Projekt Schneckenpost startet: Der helvetische E-Commerce-Platzhirsch ermöglicht es nun der Kundschaft, sich die Ware bewusst langsam liefern zu lassen.

  • e-commerce
  • delivery
Artikel teilen

Loading

Comment

Home Delivery
1 x pro Woche. Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Auch interessant

image

Migros stellt Food Now ein, Alfies schluckt Stash

Die Bereinigung im Schweizer Delivery-Business geht weiter.

image

Betrug beim Kauf auf Rechung im B2B

Die Masche ist bekannt: Private bestellen Ware – und zahlen nicht. Und Online-Händler verlangen Vorauszahlung – und liefern nicht. Nun mehren sich jedoch Klagen über Rechnungs-Betrug unter Firmen.

image

Competec-Gruppe sucht neuen Informatikchef

Marcel Rassinger macht sich selbstständig. Den Abgang nutzt Competec, um den Unternehmensbereich IT und die CIO-Rolle neu zu definieren.

image

Temu & Co drücken Schweizer Online-Handel spürbar nach unten

Dies meldet die Swiss Retail Federation. Nun müsse die Politik eingreifen, fordert der Verband.

image

Entgingen Schweizer Händlern bereits über eine Milliarde Franken wegen Temu?

Die Unternehmensberatung Carpathia hat hochgerechnet, wie viel Umsatz 2023 an die chinesische Plattform abfloss. Politik und Wirtschaft verlangen Massnahmen.

image

Kellogg testet B2B-Online-Shop

Der US-Frühstücksflockenhersteller lanciert einen B2B-Online-Shop. Zielkundschaft sind kleinere Händler, Testmarkt ist Deutschland.