Ferrero: Erste Bilanz des Salmonellen-Fiaskos

Der Süsswaren-Konzern verlor 40 Prozent des Oster-Geschäfts und Dutzende Millionen Euro. 150'000 Entschädigungsforderungen gingen ein.

27.05.2022
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«Zutiefst betrübt»: Nicolas Neykov, seit September 2021 Directeur Général von Ferrero in Frankreich   |   Bild: Ferrero France
Zum ersten Mal äussert sich ein hoher Manager zu den schweren Salmonellen-Problemen, die Ferrero im Frühjahr betrafen: Nicolas Neykov, der Länderchef für Frankreich, stellte sich für «Le Parisien» einer Gruppe von Konsumentinnen und Konsumenten.
«Wir haben 40 Prozent unseres Osterumsatzes eingebüsst, und das ist eine wichtige Zeit für uns», sagte Neykov im Gespräch, das die Zeitung aufzeichnete und publizierte. «Die finanziellen Folgen belaufen sich auf mehrere 10 Millionen Euro.»

«Das ist nicht akzeptabel»

Bis heute mussten 3'000 Tonnen Süssigkeiten zerstört werden, nachdem in Kinder-Überraschungs-Eiern aus der belgischen Ferrero-Fabrik Salmonellen aufgetaucht waren. In rund 150 Fällen beziehungsweise neun Ländern kam es deswegen im Frühjahr zu Vergiftungen. Das Werk im belgischen Arlon ist immer noch ausser Betrieb.
Er sei «zutiefst betrübt», kommentierte Neykov: «Das ist nicht akzeptabel.»
Inzwischen habe der italienische Süsswaren-Konzern über 150'000 Entschädigungsforderungen erhalten. «Bis heute haben wir 90 Prozent davon erfüllt», so der Frankreich-Chef.

Es begann in einem Butterbottich

Aber was war geschehen? Am 15. Dezember 2021 habe das Sicherheitssystem einen Salmonellenbefall bemerkt. Man habe umgehend den Notfallplan aktiviert, die Produktion gestoppt, die Fabrik geschlossen und die bereits hergestellte Ware zerstört. Alles sei danach mit erhitztem Öl gereinigt worden. Und etwas später, so Neykov, hätten die Spezialisten auch den Hort des Problems entdeckt – einen Butterbottich.
Die Tests in den Tagen danach seien negativ ausgefallen, weshalb die Produktion wieder hochgefahren wurde. «Zu jenem Zeitpunkt war man absolut sicher, dass kein kontaminiertes Produkt auf den Markt gekommen war.»

10'000 Einzelteile demontiert

Was danach geschah – und weshalb im Frühjahr dennoch befallene Ware verkauft werden konnte –, dies müsse nun die Untersuchung zeigen. Das Werk in Arlon sei jedenfalls keine «usine poubelle»; Ferrero habe dort in den letzten Jahren 36 Millionen Euro investiert.
Der Entscheid zur Neu-Eröffnung liege nun bei den belgischen Gesundheitsbehörden. Momentan arbeiteten 1'000 Angestellte an sieben Tagen pro Woche daran, den Neustart zu ermöglichen: 10'000 Einzelteile seien demontiert und einzeln gereinigt worden.
Wenn es um Hygiene geht, sei Ferrero nun das am schärfsten beobachtete und kontrollierte Unternehmen auf dem Planeten, so Nicolas Neykov. Auch die Pariser Behörden hätten zuletzt mehrfach Kontrollen in den französischen Ferrero-Werken durchgeführt. «Sie können heute sorglos Ferrero-Produkte konsumieren.»
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