Schweizer KI-Tool erkennt Vorlieben von Online-Käufern
Die Suchhilfe des Thuner Startups InnoFind steigerte in einem Test mit dem Onlineversand Otto Österreich den Umsatz der beteiligten Kunden insgesamt um 3,5 Prozent.
7.03.2023Einsatz des InnoFind-Tools im Onlineshop von Mooris | Bild: PD Innofind (Screenshot)Ob Möbel, Kleider oder Accessoires: Im Sortimentsdschungel von Onlineläden und -Marktplätzen ist es wegen der schieren Artikelanzahl oft unmöglich, das Richtige zu finden.
Beim Möbelhändler Mooris.ch beispielsweise kann man unter 1'000 Leuchten auswählen. Auf Otto.de sind alleine im Segment «Mode, Möbel und Technik» über 4'000 Marken mit jeweils Dutzenden bis Hunderten von Produkten zu entdecken.
Lernen mit «Tinder»-Spiel
Das Startup InnoFind aus Thun will die Unübersichtlichkeit mit künstlicher Intelligenz (KI) bekämpfen. Die Algorithmen seiner Suchhilfe funktioniert über den Kundengeschmack. Bevor man mit Shoppen beginnt, selektioniert man – ähnlich wie bei der Dating-App Tinder – unter einer kleinen Auswahl diejenigen Artikel aus dem jeweiligen Onlinegeschäft, die dem gewünschten Stil entsprechen – und eliminiert Produkte, die nicht gefallen.
Mit dem bisher grössten Kooperationspartner Otto Österreich hat InnoFind nun in einem mehrmonatigen Versuch Resultate erzielt, die die Erwartungen übertroffen hätten. Die Konversationsrate der Shop-Besucher habe über die geschmacksbasierte Produktsuche von Innofind um 2,15 Prozent gesteigert werden können.
Geschmacks-Test-Maske auf dem Online-Shop von Otto in Österreich | Screenshot
Und der durchschnittliche Bestellwert nahm um 1,5 Prozent zu. Kombiniert ergab das einen Umsatz-Uplift von 3,5 Prozent. Zudem hätte mehr als acht von zehn Nutzern «die neue Art gefallen, Produkte in tiefen Sortimenten zu finden», schreibt InnoFind.
«Für uns ist das wirklich ein Meilenstein», sagt Co-Founder Ramon Herzig. «Es war der zweite Test mit einem derartigen Volumen.» Der erste mit dem holländischen Möbelhändler naduvi.nl habe die Conversion-Rate der Produktliste sogar um 11 Prozent erhöht. Die Ergebnisse hätten um 40 Prozent über ihren Erwartungen gelegen, erklärt Herzig.
Bilder lesen, nicht Texte
Zum Einsatz kommt Software mit KI, die von den Gründern des Startups, Ramon Herzig und Luca Indermühle, in den letzten fünf Jahren entwickelt wurde. «Unsere KI ist fähig, die visuellen Eigenschaften aus Bildern zu lesen, die das Produkt ausmachen.»
Konkurrenzprodukte würden meist nur die Attribute nutzen, die den Bildern hinterlegt sind. Das führe zu Problemen, da in den Attributen zum Beispiel die gezeigten Farben unterschiedlich beschrieben würden – was bei KI nicht passiere.
«Unsere KI ist fähig, die visuellen Eigenschaften aus Bildern zu lesen, die das Produkt ausmachen.»
Die KI lernt automatisch dazu, mit jedem neuen Kunden und dessen Teilnahme am «Stil-Spiel», das zu Anfang einer Suche im Onlineshop erscheint. Neue Bewertungen der User werden mit bestehenden Kundenprofilen abgeglichen, was das System weiter verfeinert.
InnoFind ist seit zwei Jahren am Markt und stösst derzeit auch in der Detailhandelsbranche der Schweiz und anderer DACH-Länder auf Interesse. Mit Digitec Galaxus tausche man sich aus, so Herzig. Der Handelsriese und das Startup könnten so durch Performance-Vergleiche ihre Lösungen challengen und laufend verbessern.
2023 in Gewinnzone
Und mit der Fachhochschule Nordwestschweiz betreibt InnoFind derzeit zwei Projekte. Das Ziel des einen: kategorieübergreifende Vorschläge. Das heisst: Ist der Geschmack oder Stil eines Kunden einmal erkannt, so muss man nicht bei jedem Segmentwechsel innerhalb eines Onlineladens – etwa von Lampen zu Sofas – erneut das «Tinder-Spiel» von Innofind spielen.
Nachdem die Testreihe mit Otto Österreich so erfolgreich absolviert ist, ist Ramon Herzig optimistisch, dass InnoFind bereits 2023 die Gewinnzone erreichen kann. Das selbstfinanzierte Jungunternehmen hat lediglich eine Starthilfe vom Kanton Bern erhalten.
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