Tönnies in der Schweiz: Die Fleischbranche bleibt kühl

Experten bezweifeln, dass demnächst massenhaft Tönnies-Fleisch auf helvetischen Tellern liegen wird.

26.08.2022
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Zerlegestation bei Tönnies in Deutschland   |   Bild: PD
Was will der deutsche Schweineschlacht-Gigant in der Schweiz? Vor einer Woche wurde bekannt, dass Tönnies im Kanton St. Gallen eine Schweizer Gesellschaft gegründet hat. Laut dem Familienkonzern aus Ostwestfalen dies es eine «eine klassische Vertriebsgesellschaft, wie wir sie in vielen anderen europäischen Ländern schon haben». Im Landwirtschaftlichen Informationsdienst präzisiert ein Sprecher, dass der Fokus «auf Edelteilen von deutschen Rindern, Convenienceprodukten und auf unserem Veggie- und Vegan-Sortiment» liege.
Ein neuer Konkurrent also? Ein mächtiger Player im Fleischmarkt? Die hiesigen Produzenten äussern sich skeptisch.
Micarna-Konzern Migros bemerkt gegenüber dem St. Galler Tagblatt, es bestünden «keine Pläne für eine Zusammenarbeit.» Auch für Coop ist eine Kooperation mit Tönnies Schweiz «aktuell kein Thema. Wir setzen weiterhin auf unsere enge Zusammenarbeit mit der Bell Food Group.» Auch Lidl teilte dem Fernsehen SRF mit, man plane keine Zusammenarbeit mit Tönnies.
Und ausweichend äussert sich Aldi Suisse: Man sei «grundsätzlich offen gegenüber neuen Lieferanten, deren Produkte unsere hohen Qualitätsanforderungen erfüllen», so die Antwort gegenüber dem «Tagblatt».

Eher Konzentration als Expansion

Beim Fleischwirtschafts-Verband Proviande weist Regula Kennel darauf hin, dass die Entwicklung auf Stufe Schlachtung, Verarbeitung und Vertrieb zuletzt «eher von einem Konzentrationsprozess gekennzeichnet gewesen» sei. Ob es Platz für ein neues Unternehmen habe, werde der Markt beantworten, so die Leiterin Unternehmensentwicklung bei Proviande im Landwirtschaftlichen Informationsdienst: «Darüber zu spekulieren ist müssig, da ja noch gar nicht bekannt ist, welchen Geschäften Tönnies in der Schweiz genau nachgehen will.»
Immerhin: «Sollte Tönnies in der Schweiz vorwiegend mit Importfleisch arbeiten, würde dies der Marketingkommunikation von Proviande für Schweizer Fleisch ausserdem umso mehr Bedeutung verleihen», so Regula Kennel im LID weiter.
Auf ein weiteres Problem für Tönnies Schweiz verweist Raphael Helfenstein von Suisseporcs: Tönnies ist vor allem auf Schweinefleisch spezialisiert, hier sind die Produzentenpreise im Inland eher niedrig, was die Attraktivität für Importe schwächen dürfte, so der Marktexperte im LID: «Aus unserer Sicht dürften es neue Handelsfirmen bei uns deshalb schwierig haben, sich zu etablieren.»
Und Martin Rufer, Direktor des Bauernverbands, meint im Fernsehen SRF: Für die Bauern brächte es keinen Mehrwert, wenn eine Firma in die Schweiz komme, welche die Produkte der Bauern nicht nachfrage.
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