Wer zu grün wäscht, kommt an den Pranger

Marken wie L'Oréal, Coke und Zara versuchen, nachhaltiger zu arbeiten – oder wenigstens so zu erscheinen. Die Website Greenwash.com schaut ihnen jetzt auf die Finger.

6.07.2022
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Ganz aus Polyester, aber mit Nachhaltigkeits-Etiketten versehen: Gilet von Zara, auf Greenwash.com am Pranger | Bild: PD/Zara
Unternehmen, die grün sein wollen, können sich blau ärgern oder rot werden, wenn sie ihre Einträge auf Greenwash.com lesen. Die Plattform in Gestalt eines virtuellen Waschsalons wurde von der Stiftung Changing Markets kreiert, die sich für eine nachhaltige Wirtschaft einsetzt.
Zweck der Website ist es, Fälle von Greenwashing in internationalen Konzernen aufzuzeigen, von A wie Adidas bis Z wie Zara.
Adidas beispielsweise behauptet, es verwende rezykliertes Polyester für seine Sportmode, um «Kunststoff-Verschwendung zu beenden». Das sei irreführend, da bei dessen Einsatz neuer Kunststoffabfall entstehe, der nicht weiter rezyklierbar ist.
Zara erhält einen Rüffel für die Formulierung seiner Nachhaltigkeits-Claims «Join Life» und «Care for Fibre», die selbst ein gänzlich aus Polyester bestehendes Gilet zieren.

Was bedeutet Greenwashing?

Mit dem Ausdruck ist der Versuch von Unternehmen gemeint, Konsumentinnen und Konsumenten bewusst zu täuschen, was die Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit von Produkten angeht. Greenwashing kann so betrachtet nur dort vorkommen, wo sich Unternehmen zumindest vordergründig auf nachhaltige Herstellung und Verarbeitung berufen und diese auch propagieren. Kritiker wie Greenwash.com nehmen sich deshalb besonders die Claims der Hersteller und Marken vor, die auf eine «grüne» Herstellung der Artikel hinweisen, diesen aber nicht (völlig) gerecht werden.
Hart angefasst wird etwa der Coca-Cola-Konzern, dessen Bemühungen um ein nachhaltiges Image an mehreren Beispielen erklärt und entlarvt werden. Vielerorts sei Coca-Cola – als einer grössten Verursacher von «Ocean plastic» (Plastikmüll in den Meeren) – bekannt dafür, umfassendere Massnahmen für ein rigoroseres PET-Recycling zu bekämpfen statt zu unterstützen.

Spitzfindig oder hilfreich?

Bisher kommen rund 50 Marken an die Kasse, doch soll die «Hall of Shame» weiter ausgebaut werden. Nicht selten werden in den kritischen Texten die Bemühungen der Unternehmen um nachhaltiger produzierte Artikel sichtbar, wenn auch immer auf die ungenügende Ausführung der Versuche hingewiesen wird.
So wird L'Oréals durchaus positives Bemühen beschrieben, die Shampooflaschen der Marke Elvive aus 100 Prozent rezykliertem Plastik herstellen. Umgehend wird aber bemängelt, dass die Verschlusskappe weiterhin aus konventionellem Material besteht, was lediglich auf der Rückseite in einer Fussnote erwähnt wird.
Ebenso tadelt Greenwash.com, dass der Ausdruck «nachhaltiger» verwendet wird, ohne dass ein «...als...» folgt.
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100 Prozent? Stimmt nicht ganz. | Bild: PD
Mancher mag das für spitzfindig halten, doch genau darum geht es beim «Greenwashing»: Das grüne Mäntelchen, das sich die Unternehmen anziehen, hat Flecken, die teils leicht auszuwaschen wären.
Firmen, die selbstkritisch auf Greenwash.com zugehen, können erkennen, was es braucht, um (noch) grüner zu werden. Oder auch, welche Claims bei kritischen Konsumenten schlecht ankommen könnten. Unterhaltsam gestaltet ist die Plattform zudem.
  • Zum Thema: Unilever: Vorne Plastik verteufeln, hinten für Plastik lobbyieren?

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