Nestlé wegen Russland-Engagement angeprangert

Die britische NGO Moral Rating Agency hat eine «Dirty Dozen»-Liste erstellt: Sie brandmarkt jene Konzerne, die weiter in Putins Reich aktiv sind.

6.01.2023
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Recycling-Werbung von Nestlé in Russland | Bild: Twitter / Nestlé (Screenshot)
Seit März 2022 prangert der Brite Mark Dixon auf seiner Website Moral Rating Agency (MRA) Unternehmen an, die auch nach dem Überfall auf die Ukraine im Aggressorenstaat Russland tätig sind.
Als «Dirty Dozen» bezeichnet Dixon eine Gruppe von globalen Konzernen, die auf der MRA-Skala noch mit mindestens 50 Prozent «Aktivität» in Russland aufgeführt werden. Mehrere Online-Medien berichteten darüber (hier, hier, hier).
Nestlé taucht prominent auf Platz 9 auf – zwischen General Electric und Pepsico. Mit Unilever und Johnson & Johnson sind zwei weitere Konzerne mit Konsumgüter-Basis vertreten.

Das «Dreckige Dutzend» laut MRA

Unternehmen
Land
Aktivität in Prozent
Alibaba
China
100
Saudi Aramco
Saudi-Arabien
100
Johnson&Johnson
USA
90
HSBC Holdings
UK
84
Goldman Sachs
USA
80
Unilever
UK
80
Procter & Gamble
USA
75
General Electric
USA
70
Nestlé
Schweiz
65
Pepsico
USA
65
BP
UK
60
Chevron
USA
50
Schlüssig wird angesichts der Rangliste und der Aussagen Dixons nicht, wieso er ausgerechnet diese zwölf Firmen herausgegriffen hat.
Wählt man auf der Website die bezüglich Exposition in Russland «schlimmsten» Unternehmen aus, stehen zum Beispiel Bosch, Tesla, die Versicherer Axa und Zurich, L'Oréal, die Bank of America oder die japanische Post ganz oben. Ganz zu schweigen von den meisten chinesischen Konzernen in der Datenbank.
Wie die Parameter für die Rangliste gesetzt wurden, erschliesst sich nur schwer. Der Eindruck, dass Unternehmen mit dem potenziell grössten Empörungspotenzial in der Öffentlichkeit ausgewählt wurden, drängt sich auf.
Versucht man zum Beispiel, die Position von Nestlé zu eruieren, heisst es lediglich No results found. Dennoch hat das Schweizer Unternehmen Eingang in die Zwölferliste der «dreckigen» Konzerne gefunden.
Insofern zeigt der Fall wohl auch einfach wieder, dass Nestlé mit einer gewissen Vorliebe herausgegriffen wird, wenn NGO's grosse Unternehmen anprangern wollen.

Alternative Liste ist schlüssiger

Wesentlich schlüssiger ist die Funktionsweise der Russland-Liste der Yale School of Management. Dort wird Nestlé zwar auch im orangen Bereich aufgeführt – unter dem Stichwort Buying time («verschafft sich Zeit»). Das Unternehmen ist aber in guter Gesellschaft mit weiteren Schweizer Konzernen wie Barry Callebaut, Novartis oder Roche.
Unter Digging in (etwa: «kniet sich weiter rein»), und damit im roten Bereich, sind übrigens EMS Chemie, der Baumaschinenhersteller Liebherr, der Holzverarbeiter Swiss Krono und der Konsumgüterhändler Zepter aufgeführt.
Nestlé produziert «lebenswichtige Nahrungsmittel» weiter
Der Konzern aus Vevey teilt mit, dass er seit der Invasion Russlands in der Ukraine sein Portfolio in Russland «drastisch reduziert und die von uns im März angekündigten Massnahmen umgesetzt» habe.
Die verbleibenden Aktivitäten würden sich darauf konzentrieren, «die Menschen vor Ort mit Grundnahrungsmitteln zu versorgen». Dies stehe im Einklang mit Nestlés Ziel, «das Grundrecht auf Nahrung zu gewährleisten».
Konkret bedeute das, so die Nestlé-Medienstelle:
  • Der Konzern hat die Produktion der meisten Artikel bekannter Nestlé-Marken eingestellt, «um sich auf die Versorgung mit lebenswichtigen Nahrungsmitteln wie Kleinkindnahrung und medizinischer Ernährung zu konzentrieren».
  • Nicht lebenswichtige Importe und Exporte nach und aus Russland wurden gestoppt.
  • Jegliche Werbung in Russland wurde eingestellt.
  • Kapitalinvestitionen im Land wurden suspendiert.
  • Den Verpflichtungen gegenüber den Mitarbeiter komme Nestlé weiter nach.
  • Alle internationalen Sanktionen gegen Russland werden vollständig eingehalten.
  • Alle 2022 erzielten Gewinne werden für humanitäre Zwecke gespendet.

  • nestlé
  • esg
  • industrie
  • handel
  • food
  • non-food
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