Recykling: Schweizer Altkleider reisen durchschnittlich 6'200 Kilometer

Das Fernsehen RTS montierte Geotagging-Chips an Recykling-Kleider. Die Resultate widersprechen einem beliebten Bild.

16.11.2022
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Das Stück aus Genf am neuen Ort: Darstellung von RTS / «Mise au Point».
Wer heute Kleider an der Sammelstelle abgibt, verschenkt nicht mehr primär warme Wintermäntel für arme Menschen oder Rohstoff für Putzfäden: Er trägt in einer Kreislaufwirtschaft dazu bei, dass «Pre loved»-Stücke länger in unserer Umgebung bleiben – eine schöne, ökologische Sache.
Dies der Eindruck, den sowohl Hilfswerke als auch Modemarken mit ihren Recykling-Aktionen heutzutage erwecken.
Des welsche Fernsehsender RTS machte dazu einen Test. Er montierte im Januar Geotagging-Chips an Sammelkleider – und präsentierte jetzt, 250 Tage später, in der Sendung «Mise au Point» die Resultate.
  • «Nos vieux habits font le tour du monde», RTS – «Mise au Point», 14. November 2022.
Die RTS-Journalisten hatten an 16 Kleidungsstücken und Schuhen diskret Airtags angebracht und dann an diversen Orten in der ganzen Romandie abgegeben; teils waren es öffentliche Sammelstellen von Hilfswerken auf der Strasse, teils waren es Recykling-Boxen bei Modehändlern wie C&A, H&M oder Zara.
Dann verfolgten sie den Weg der Gaben – Tag für Tag.
  • Das Stück, das am weitesten schaffte, legte gut 17'000 Kilometer zurück. Es kam bis nach Afghanistan.
  • Durchschnittlich legten die abgegebenen Kleider 6'200 Kilometer zurück.
  • Ungefähr die Hälfte der Objekte endete in Osteuropa, insbesondere in Moldawien, Belarus und der Ukraine.
  • Die andere Hälfte gelangte schwergewichtig nach Asien (und dort insbesondere Afghanistan) oder nach Südamerika (und dort insbesondere Venezuela).
  • Ferner kamen rund 20 Prozent nach Afrika (inbesondere Elfenbeinküste, Malawi, Mali).
  • Ein Kleidungsstück blieb in der Schweiz und wurde in einem Second-Hand-Shop verkauft. Ein anderes Signal ging nach Italien und dort in den Grossraum Neapel.

Sechsmal über die Grenze

Teils bleibt es natürlich undurchschaubar, wer nun die Besitzer der alten Stücke sind. Etwa fünf Objekte scheinen sich heute immer noch in Lagerhäusern zu befinden. Und bei knapp einem Drittel deuten die Airtags an, dass sie in heiklen Gegenden liegen könnten – etwa am Strassenrand, in unbewohnten Zonen oder auf einen Markt ohne Abwassersystem.
Am Ende entsteht einerseits der Eindruck, dass die Kleidungsstücke wirklich weitgehend zu Menschen gelangen, die sie gut verwenden können. Zugleich legen sie aber teils unglaubliche Wege zurück.
«Mise au point» zeigt dies mit einer alten Jeanshose: Sie reiste von Genf nach Deutschland, danach weiter nach Polen, in die Ukraine, dann über Ungarn wieder zurück nach Deutschland. Von dort ging es weiter in die Niederlande, wo die Hose auf ein Schiff gelangte. In Togo wurde sie dann gelöscht – und dann noch weiterfrachtet in die Elfenbeinküste.
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