Ist dies das Warenhaus der Zukunft?
Die Globus-Schwester Selfridges will weniger verkaufen – und dafür mehr vermieten, reparieren, wiederverwerten, tauschen. Klingt fast nach Disruption.
5.09.2022letzte Aktualisierung: 6.09.2023
Selfridges: Das steht in Grossbritannien bekanntlich für Luxus und gehobenes Shopping. Die kleine, feine Warenhausgruppe mit vier Häusern – zwei in London, je eines in Manchester und Birmingham – wird vor allem angesteuert, wenn man sich etwas in der Saint-Laurent-, Jimmy-Choo- und Roederer-Liga leisten will.
Doch das Management hat weiterreichende Ambitionen. «Let's Change The Way We Shop» prangt in gigantischen, gelben Buchstaben am berühmten Hauptgeschäft an der Oxford Street. Im Rahmen eines «Project Earth» propagiert das Unternehmen neue Nachhaltigkeits-Ziele.
Tauschplattform statt Kaufhaus
Nun ist das nicht besonders originell: Es ist das, was alle tun.
Interessant wird die Sache allerdings, weil Selfridges daraus eine grundsätzliche Verlagerung des Geschäftsmodells ableitet: weg vom Verkauf von Originalprodukten – hin zu anderen Waren-Bewegungen.
Konkret gab Selfridges jüngst bekannt, dass sich bis 2030 knapp die Hälfte seiner Kundenkontakte um Wiederverkauf und Occasions-Geschäfte, um Reparaturen, Vermietungen oder Refills – also Nachfüllungen – drehen sollen.
28'000 Reparaturen
Selfridges verpflichte sich zu einem «fundamental shift in the way we do our business», liess sich Managing Director Andrew Keith zitieren: eine fundamentale Verlagerung also. Die Warenhäuser würden sich zu Austauschplattformen wandeln. «Unsere Vision ist es, den Detailhandel neu zu erfinden.»
Um zu untermauern, dass es sich hier nicht nur um handelsübliche ESG-Sprüche handelt, legte Selfridges ein paar Zahlen vor: Im Geschäftsjahr 2021 habe die Gruppe den Verkauf von Secondhand-Artikeln um 240 Prozent gesteigert – auf 17'800 Stück. Und insgesamt seien 28'000 Reparaturen angenommen und durchgeführt worden.
Gut für die Kundentreue
Jetzt bewirbt Selfridges zuvorderst auf seiner Website solche «Project Earth»-Angebote – aktuell zum Beispiel: Designermode von Jacquemus zur Miete. Wiederauffüllbare Lippenstifte. Oder eine Einladung zum herbstlichen Sneaker-Flick-Service.
Es wird spannend sein zu verfolgen, wie Selfridges – das bekanntlich seit knapp zwei Wochen offiziell zur Signa-Centralgroup-Luxus-Warenhausgruppe gehört – solche Tauschplattform-Ambitionen in Umsätze umsetzen kann. Eine Argument dabei birgt in der Tat ein Versprechen: Je stärker es gelingt, die Kundenbeziehungen auf nachhaltige Austauschaktionen wie Miete, Refill und Reparatur zu bauen, desto enger und stabiler dürften diese Beziehungen werden.
- Bericht: 4 Milliarden Euro für Selfridges.
- Signa und Central Group: 750 Millionen Euro Online-Umsatz.
- Jelmoli positioniert sich nachhaltig nachdenklich. In seiner neuen Kampagne erlässt das Zürcher Warenhaus «12 Gebote» unter dem Titel «Konsumiere – bewusst und mit Liebe».
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