Victoria's Secret: Reizwäsche zu Buntwäsche
Der Dessous-Händler mit Wurzeln im Kalifornien der 1970er versucht, im Jahr 2022 zu landen. Mit einer angejahrten Idee.
15.07.2022People of color oder etwas Übergewicht: Victoria's Secret setzt auf Diversität | Bild: PDDiesmal beginnen wir mit einem kleinen Rätsel: Finden Sie den entscheidenden Unterschied?
Bild Nummer 1:
Imagebild von Dove «Real Beauty» | Bild: PD
Bild Nummer 2:
Neues Image-Bild von Victoria's Secret | Bild: PD
Die Antwort lautet: «13 Jahre». Das obere Bild stammt aus dem Jahr 2005 und war Teil einer aufsehenerregenden Image-Kamapagne: Die Körperpflege-Marke Dove warb mit einem bunten Strauss an Models, die etwas auszeichnete: Sie waren keine schlanken Einheitsmodels, sie waren nicht perfekt, es waren Frauen von Gewicht.
Die Aktion unterm Schlagwort «real beauty» trug massiv dazu bei, der Unilever-Marke Dove ein sehr eigenes Image zu verschaffen – als Anlaufstelle für eine selbstbewusste Kundschaft.
Bild 2 entstand 2022 und zeigt, wie das Dessous-Label Victoria's Secret jetzt auch auf Diversität macht. Und auch die neue Imagekampagne spielt – unterm Schlagwort «VSNow» – mit Attributen, die bisher wenig oder keinen Platz in der Welt des Unterwäschehändlers hatten: unterschiedliche Hautfarben, Übergewicht, Altersmerkmale oder Down-Syndrom.
Anders gesagt: Auch hier gibt es plötzlich «real beauty». Wahre Schönheit gleich echte Schönheit. Versehen sind die Spots und Sites mit dem modischen Wording, das man aus anderen Produktwelten auch kennt («to make the world a better place» etc.).
Kehrtwende ein wenig spät
Das US-Unternehmen, das in den siebziger Jahren an der US-Westküste gegründet wurde und berühmt wurde durch seine Superschlank- und Langbein-Models, versucht einigermassen verzweifelt, ein neues Image aufzubauen.
Vor zwei Jahren musste der frühere Besitzer Leslie H. Wexner seinen Posten wegen seiner Nähe zum Sexualstraftäter Jeffrey Epstein aufgeben. Das aktuelle Management hat die schwere Aufgabe, dem Vor-Me-Too-Renommée des Labels einen neuen, zeitgemässen Dreh zu verleihen.
Dazu müssen jetzt auch 160 Kaderangestellte über die Klinge springen. Ob die angestrebte «Transformation» gelingt, steht in nur schwer lesbaren Sternen. In den Sozialen Medien hat die Behauptung «We've changed» zu Kritik geführt, wie nicht anders zu erwarten war. Die Entlassungswelle gilt eher konservativen Kreisen gleich wieder als Bestätigung der These, dass «go woke» ein erster Schritt zum «go broke» sei.
Die «New York Times» kommentiert immerhin mit freundlichem Schluss: Vielleicht sei die wahre Erkenntnis aus dem Imagewandel, dass es nicht eine einzelne Marke ist, die festlegen kann, was «sexy» heute bedeutet.
Aber wissen wir das nicht bereits seit Jahren, mindestens seit 2005? Es wird spannend sein zu verfolgen, wie der Dove-Effekt mit dem zeitlichen lag wirken kann.
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