Zwei Preisvergleiche, unterschiedliche Resultate

Zeitschriften und TV-Sendungen im Dienste der Konsumenten lieben Preisvergleiche. Nicht immer kommen sie zum gleichen Resultat – und Coop ist nicht immer am teuersten.

18.04.2024
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Gleiche Produkte, andere Preise? Antwort: Jein. | Bild: Screenshot
«Alltagsartikel: Lidl am günstigsten, Coop am teuersten», titelte die Konsumentenzeitschrift «K-Tipp» anfangs April. Für den Vergleich hatte der «K-Tipp» Ende März die Preise von 40 Produkten aus den Bereichen Lebensmittel, Fertigwaren, Haushaltsartikel und Hygieneprodukte erhoben.
Gekauft wurde jeweils das günstigste Produkt, das erhältlich war. Bei Lidl (66.64 Franken) und Aldi (66.69 Franken) kostete der Einkauf praktisch gleich viel. Am teuersten war Coop mit 83.42 Franken. Soweit so erwartbar gemäss gängigen Klischées.
Gestern nun veröffentlichte die Konsumentensendung «A bon entendeur» auf dem welschen Sender RTS ebenfalls einen Preisvergleich, um herauszufinden, ob die Discounter tatsächlich günstiger sind als die beiden Orangen Riesen. «A bon entendeur» ist das Pendent von «Kassensturz» auf SRF.

In der Romandie war Denner am teuersten

Die Romands kauften am gleichen Tag 30 Lebensmittel bei den fünf grossen Detailhändlern Aldi, Lidl, Denner, Coop und Migros. Auch hier immer das günstigste verfügbare Produkt.
Erstaunliches Resultat: Ausgerechnet beim Ur-Discounter Denner war der Einkauf mit 181.67 Franken am teuersten. Und bei Migros kosteten die Waren mit 170.37 Franken mehr als bei Coop (167.82 Franken), der bei vielen Konsumentinnen und Konsumenten im Ruf steht, wegen der vielen Markenartikel am teuersten zu sein. Dahinter folgten Aldi (166.59 Franken) und Lidl (162.05 Franken).
Der Grund: Bei Denner war kein günstiges Angebot für Hackfleisch vorrätig, die Testkäufer mussten auf ein teureres Produkt der Marke IP Suisse ausweichen, was die Sache deutlich verteuerte.

Je grenznäher, desto Billiglinie

Der «K-Tipp»-Testkäufer hielt fest, dass in etlichen Filialen viele Produkte der Billiglinien «M-Budget» von Migros und «Prix Garantie» von Coop gar nicht verkauft wurden – was die Einkaufskörbe entsprechend verteuerte.
Die Romands fanden heraus, warum: Es liegt an der Geografie. Je näher an der Landesgrenze, desto mehr Artikel der Billiglinien sind im Sortiment. Das gilt durchs Band für alle – von Aldi, über Lidl, Denner und Migros bis Coop.
Und es ist gemäss den Recherchen von «A bon entendeur» überall offensichtlich, in der Region Genf genauso wie in Basel, Kreuzlingen oder Chiasso, ebenso im Bündnerland und im Wallis.
Je kürzer der Weg zum Einkaufstourismus, desto stärker gerät der Schweizer Detailhandel unter Druck. «A bon Entendeur» räumt denn auch ein, dass die Preisunterschiede über das Ganze gesehen gering seien – also wenn Rabatte, Aktionen et cetera miteinbezogen würden.

Kein Preisunterschied bei Markenartikeln

Dies gilt besonders für Markenartikel wie Coca-Cola, Knorr, Ovomaltine oder Nutella: Hier seien die Preisunterschiede minim, um nicht zu sagen inexistent. Was damit zusammenhängt, dass den Detaillisten hier engere Grenzen bei der Preisgestaltung gesetzt sind, da sie im Einkauf auf die offiziellen Importkanäle angewiesen sind.
Dazu kommen weitere Parameter, die sich auf den Preis auswirken. Die Discounter Aldi, Lidl und Denner haben nur ein sehr beschränktes Sortiment mit 1'500 bis 2000 Artikeln. Bei Coop und Migros ist die Auswahl etwa zehnmal so gross.

Qualität wichtiger als Preis

Ohnehin seien Schweizer Konsumenten sehr viel weniger preisaffin als etwa Franzosen, Engländer, Deutsche oder Amerikaner, sagt im Beitrag von RTS Patrick Krauskopf, Professor für Kartellrecht. Hier haben Qualität und Service ein ungleich grösseres Gewicht bei der Kaufentscheidung.
Seiner Meinung nach hat das die Retail-Branche längst gemerkt. Die erbitterten Preisschlachten, die mit dem Markteintritt der deutschen Discounter Aldi und Lidl anfangs der 2000er Jahre ausgetragen wurden, haben sich merklich beruhigt.
Einzig im Bereich Bio kreuzen aktuell Coop und Migros auf der einen und Aldi und Lidl auf der anderen Seite die Klingen.
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