Auch Unilever und M&S testen 4-Tage Woche

Zwei weitere bekannte Unternehmen wagen neue Arbeitszeit-Modelle – zumindest schrittweise. Hier ihre Ideen.

11.11.2022
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Symbolbild von: Andy Li on Unsplash
Entscheide selber, ob du deine Arbeitszeit auf 4 oder 5 Tage verteilen willst: Mit diesem Satz ist das Grundprinzip bei Marks & Spencer schon fast erklärt.
Und zwar gilt das neue Angebot für Vollzeit- wie Teilzeitangestellte. Es wird ab Januar 2023 in ganz Grossbritannien eingeführt.
Hinzu gibt es eine weitere Variante zur Auswahl – M&S nennt sie «compressed fortnight»: Dabei kann man in grossen Blöcken à 9 Tagen arbeiten (und dann entsprechend einen längeren Block aussetzen).

«Gamechanger»

Es gibt aber eine wichtige Einschränkung: Vorerst gilt das Angebot nur für Filialleiter. Etwa 3'000 M&S-Angestellte werden die neuen Wahlmöglichkeiten nutzen können.
Natürlich geht es dabei um die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber: «Der Detailhandel ist eine schnelllebige Branche, aber das sollte nicht bedeuten, dass man die entscheidenden Momente verpasst», sagt die Personalchefin der M&S-Gruppe, Sarah Findlater. Und weiter: «Wir haben den Kollegen zugehört und sind entschlossen, einen kulturellen Wandel hin zu flexiblem Arbeiten in unseren Filialen herbeizuführen. Die Filialleiter, die an unserem Test teilnahmen, sind sich einig, dass es ein Gamechanger war. Weil es ihnen mehr Auswahl und Autonomie gab.»

Unilever: Das 100:80:100-Prinzip

Unilever wiederum geht die Sache etwas komplexer an. Der Mutterkonzern von Knorr, Dove oder Magnum startete vor zwei Jahren einen 4-Tage-Woche-Pilotversuch in Neuseeland – und hat nun beschlossen, ihn in Australien auszuweiten.
Das heisst: Ab Mitte November erhalten die Angestellten von Unilever Australien 100 Prozent ihres bisherigen Lohns. Sie können aber ihre Stundenzahl auf 80 Prozent reduzieren. Unter der Bedingung, dass ihre Produktivität weiterhin bei 100 Prozent bleibt.
Das gilt für alle Angestellten mit Ausnehme gewisser Fabrik-Stellen, die per Gesamtarbeits-Vertrag geregelt sind.
  • Zum Thema: Die Migros schreibt alle Operations-Stellen zu 60 bis 100 Prozent aus.
Tönt abenteuerlich? Die bisherigen Versuche in Neuseeland (sowie danach noch mit 500 Angestellten in Australien) untermauern offenbar das Projekt. Drei Online-Befragungen des Personals sowie 57 Einzelinterviews ergaben, dass die Leute nach Einführung des Modells einerseits weniger gestresst waren – und andererseits produktiver wurden.
Oder auch in Zahlen: Es gab in der Testphase um 34 Prozent weniger Krankheits-Tage.
Nun geht es offenbar Schritt für Schritt bei Unilever: Laut der Mitteilung des britischen Konzerns sollen die Möglichkeiten zu einer flexiblen Arbeit derart ausgeweitet werden, dass 2030 dem gesamten Personal im globalen Unternehmen solche Optionen zur Verfügung stehen.

Gerry Weber: «Arbeite, wieviel du willst»

Ende Oktober gab das deutsche Modehaus Gerry Weber bekannt, dass es das Prinzip «Arbeite, wieviel du willst» einführen will. CEO Angelika Schindler-Obenhaus erklärte die Idee via Linkedin-Post: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können selber entscheiden, ob sie ihre Wochenarbeitszeit auf 4 oder 5 Tage verteilen. «Und das jede Woche neu», so Schindler-Obenhaus.
Darüber hinaus bietet Gerry Weber International seinen gut 2'100 Beschäftigten die Möglichkeit, die Wochenarbeitszeit befristet oder dauerhaft um bis zu 25 Prozent zu senken – oder aber ein Sabbaticals zu beziehen.
«Alle Optionen sind miteinander kombinierbar», schrieb Angelika Schindler-Obenaus. Sie wünsche sich, «dass meine Kolleg:innen aus diesem „Baukasten“ das für sie passende Konstrukt schaffen.»

Hornbach: «Arbeitszeit nach Mass»

Eine ähnliche Flexibilisierung kündigte im September die Baumarkt-Gruppe Hornbach an – allerdings nur für ihre Angestellten in Deutschland. «Arbeitszeit nach Mass», so das Motto der Umbau-Aktion, die rund 11'000 Beschäftigte betrifft.
Das Hornbach-Modell umfasst fünf Bausteine. Den Angestellten wird angeboten:
  • 
eine Senkung der Arbeitszeit, etwa durch die Umwandlung von Urlaubs- oder Weihnachtsgeld in bis zu 20 zusätzliche Tage Freizeit;

  • die Möglichkeit, befristet oder unbefristet in Teilzeit zu arbeiten;


  • 


Einsatz der jährlichen Gehaltserhöhung, um schrittweise die Stundenzahl zu reduzieren;
  • Umverteilung der Arbeitszeit, beispielsweise in eine Vier-Tage-Woche auch bei 37,5 Stunden Vollzeit.


  • 


Arbeitszeiterhöhung: In einem fünften Baustein können die Beschäftigten ihre wöchentliche Arbeitszeit für drei, sechs oder neun Monate auf bis zu 42,5 Stunden erhöhen.


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