Böse Nestlé! Inflations-Bekämpfung per Pranger

In Frankreich drückte die Regierung durch, dass Handel und Hersteller die Preise von 5'000 Artikeln senken.

1.09.2023
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Monsieur Prix hat hier mehr Macht: Wirtschaftsminister Bruno Le Maire verkündet die Verhandlungsergebnisse mit den Anbietern, 31. August 2023  |   Bild: BFM TV
In Frankreich bekämpft die Regierung die Inflation mit politischem Preisdruck: Das Wirtschaftsministerium fordert die Detailhändler und Hersteller direkt auf, ihre Preise zu senken. Und falls sie nicht folgen, drohen erstens höhere Steuern und zweitens öffentliche Anprangerung.
Mit dieser Methode gelang es Wirtschaftsminister Bruno Le Maire bereits im Juni, 75 Anbieter zu Preissenkungen bei Gütern des täglichen Bedarfs zu bewegen. Nun folgte die nächste Runde: Nach zweitägigen Verhandlungen konnte Le Maire gestern verkünden, dass der Detailhandel und die Konsumgüterhersteller zugesagt hätten, die Preise für 5'000 Artikel zu senken oder zumindest einzufrieren.

«Sie könnten mehr machen»

Allerdings hätten sich einige Unternehmen dem Wunsch verweigert, und dabei nannte der Minister drei Namen konkret: Unilever, Nestlé und PepsiCo. Die Stufe des Shaming war also erreicht.
Diese drei Unternehmen «verweigern sich dem Spiel», sie «könnten viel mehr machen», sagte der Politiker bei seinem Fernsehauftritt: «Das sind sehr grosse Multis die ein bisschen etwas gemacht haben, aber nicht viel. Ich denke, sie könnten sich viel mehr leisten als sie derzeit tun.»
In Frankreich lag die Teuerung bei Lebensmitteln zuletzt bei 11 Prozent, also weit über dem EU-Durchschnitt; die Juni-Massnahmen wirkten bislang also wenig.
Das bildet ein zunehmend akutes Problem. Der Konzernchef von Carrefour, Alexandre Bompard, beschrieb soeben einen «tsunami de déconsommation»: Ein grosser Prozentsatz der Menschen müsse sich inzwischen selbst bei grundlegenden Hygieneprodukten einschränken.

Widersprüchliche Politiker

Bompard gab den Ball aber gleich der Politik weiter: Im September soll ein Gesetz in Kraft treten, das bei Aktionspreisen eine Senkung um maximal 34 Prozent vom Ursprungspreis erlaubt, nicht mehr. Die Händler dürfen also nicht länger einfach den Preis eines Aktionsangebots halbieren. Das Gesetz steht im direkten Widerspruch zu den übrigen Inflations-Massnahmen – und Bompard fordert nun zumindest eine Aussetzung.
Die grossen Detailhändler von Carrefour bis Les Mousquetaires reichen die Schuld aber auch gern weiter – eben an ausländische Konzerne wie Nestlé oder Unilever. Der Retail-Verband FDC monierte zuletzt, dass nur 25 von 75 grossen FMCG-Konzernen sich bisher zu Preissenkungen bereit erklärt hätten.
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