Die Migros stoppt das nächste Projekt

Der MGB beerdigt die Expansionspläne beim Psychologie-Netz Wepractice und schliesst die Co-Working-Plätze für Therapeuten.

10.12.2023
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Coworking-Räumlichkeiten von Wepractice  |  Bilder: Wepractice, Standort-Webseiten.
Wepractice ist ein halb digitales, halb analoges Netzwerk. Es stellt einerseits Psychotherapeuten und psychologischen Fachleuten Praxisräume zur Verfügung – insofern bildet es eine Art Coworking-Space für diese Berufe. Andererseits bietet es eine Website, auf der Patienten niederschwellig und per Klick nach psychologischer und psychotherapeutischer Beratung suchen können.
Erst im September letzten Jahres erschien das ein weiteres Engagement, mit dem die Migros ihre Präsenz im Gesundheitswesen verstärken wollte. Man investiere eine Millionensumme in die Expansion von Wepractice, so damals die Mitteilung aus der MGB-Zentrale – als «weiterer Baustein in der gruppenweiten Gesundheitsstrategie der Migros».

Nicht nachhaltig

Doch nun werden die Co-Working-Angebote eingestellt. Dies meldet die «NZZ am Sonntag», die Einsicht in ein entsprechendes Mail hatte: «Nach eingehender Analyse der Entwicklung von Wepractice sind wir zum Schluss gekommen, dass das Co-Working-Modell leider nicht nachhaltig betrieben werden kann», teilte darin Wepractice-CEO Gian Saratz den rund 200 Therapeuten mit. Das Co-Working-Angebot werde Ende Mai 2024 aufgegeben.
Die NZZaS zitiert auch Therapeuten, welche das Ende des Co-Working-Modells als Schlag aus dem Nichts empfinden. «Es gab keinerlei Anzeichen, dass sich das Geschäftsmodell auf dem Prüfstand befand», wird jemand zitiert: «Man hat versucht, uns mit Werbesprüchen an sich zu binden, und hat viel Geld für die Infrastruktur ausgegeben.»

Medbase statt Spatz

Dass bei Wepractice ein Umbau ansteht, war allerdings absehbar. Im September 2022 hatte die Migros noch angekündigt, bis 2024 ein landesweites Netz von 40 Standorten zu knüpfen; jetzt, Ende 2023, findet sich lediglich eine neue Ortschaft mit Wepractice-Angebot, nämlich Baden.
Bekannt ist zudem, dass der Migros-Konzern momentan reihenweise Angebote auf den Prüfstand stellt – und dabei insbesondere Projekte, die nicht zu seinem Kerngeschäft zählen. Dazu gehörte auch die Startup-Tochter Sparrow Ventures, bei der Wepractice angesiedelt war, und die nun geschlossen wird.
Bekannt war also auch schon, dass das Psychotherapie-Angebot verlagert wird: Ab Anfang 2024 gehört es zum Migros-Gesundheits-Konglomerat Medbase.
Das Ende des Co-Working-Angebots sei nicht das Ende von Wepractice, so die Migros zur NZZaS: Statt auf selbständige Therapeuten setze man bei Medbase auf Angestellte. Den Betroffenen habe man eine Stelle angeboten. Auch würden Möglichkeiten geprüft, um weiterhin mit selbständigen Psychologinnen und Psychologen zusammenzuarbeiten.
Dafür wird auch ein Chefpsychologe gesucht, der die therapeutische Leitung von Wepractice übernehmen soll.
Im Bereich Gesundheit steigerte die Migros mit ihren Unternehmen Medbase, Movemi (Fitness), Bestsmile und Misenso im letzten Geschäftsjahr (2022) den Umsatz um 18,9 Prozent auf 746 Millionen Franken. Der Anteil von Medbase betrug 523 Millionen Franken und verzeichnete ein Plus von 6,7 Prozent. Ein guter Teil des Wachstums war auf Zukäufe zurückzuführen.

  • Dieser Beitrag erschien auch auf unserer Partner-Plattform Medinside unter dem Titel «Migros zieht beim Therapie-Netz Wepractice die Reissleine».

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