Die «Washington Post» gibt dem Original-Gruyère eine Stimme
Nachdem ein US-Gericht den Markenschutz für Schweizer Gruyère abgelehnt hat, zeigt sich ein Unternehmer in der renommierten Zeitung entsetzt.
17.03.2023«Dieser Gerichtsentscheid stinkt», lautet der Titel eines schwärmerischen Kommentars in der «Washington Post». Der Schwärmer ist Tyler Nottberg, CEO der Firmengruppe U.S. Engineering mit Sitz in Kansas City. Das Objekt seines leidenschaftlichen Lamentos über den aktuellen Richterspruch: Schweizer Käse. Genauer: Gruyère (AOP).
Der Chef und Mitbesitzer eines 750-Millionen-Dollar-Konzerns bekennt sich in seiner Apologie als grosser Fan von Gruyère-Käse, seit er mit seinem besten Freund aus Jugendjahren 1998 das Freiburger Hinterland erkundete und gleich bei der Ankunft im mittelalterlichen Städtchen Gruyère am frühen Morgen den gleichnamigen Käse mitsamt passendem Weisswein kredenzt erhielt. «Das ist doch perfekt für Sie», meinte der Kellner.
«Eine Marke ist die Leidenschaft, der Schweiss und die Kultur von Menschen, die ihr Bestes geben, um sie von Generation zu Generation weiterzuentwickeln.» — Tyler Nottberg
Auf den Geschmack gebracht, fügten die beiden Amerikaner dem Häppchen ein Raclette hinzu und erkundeten schliesslich Stadt, Region und Käseherstellung. «Im Reifungskeller, wo die Käselaibe wie riesige Münzen aus Samt aufgereiht waren, holte unser Guide ein Messer hervor, riss einen Laib an und reichte jedem von uns ein Stück zum Probieren.» Damit war es endgültig um Nottberg geschehen.
Die US-Konsumenten sind schuld
Die Erinnerungen blieben haften – wie das damals eingenommene Cholesterin des Käses, schreibt Nottberg. Und das Wissen darum, wie der Gruyère hergestellt wird: Nur mit Milch aus der Region, von natürlich genährten Kühen, nach einem uralten Rezept und Ritus veredelt.
Doch für das US-Gericht habe all das keine Bedeutung: «Die Richter bestätigten ein Urteil des Bezirksgerichts, wonach die Bezeichnung ‹Gruyere› nicht als Marke geschützt werden kann. Die Amerikaner haben mit ihren Geldbörsen für den Industriekäse gestimmt, indem sie mehr einheimischen ‹Gruyere›-Ersatz gekauft haben als den echten Schweizer Käse.»
Werbung für das Reiseziel Gruyère
Damit gehe etwas Wichtiges verloren: das Bewusstsein, was hinter einer Marke stecken kann.
«Vielleicht fühle ich so stark, weil ich ein Unternehmen leite, das sich seit mehr als 125 Jahren in meiner Familie befindet. Eine Marke ist für mich mehr als ein Wort oder ein Logo auf einer Schrumpffolie; sie ist die Leidenschaft, der Schweiss und die Kultur von Menschen, die ihr Bestes geben, um sie von Generation zu Generation weiterzuentwickeln.»
Wer den echten Gruyère suche, finde ihn nicht auf einem Etikett, sondern «durch die Liebe für diese Schweizer Bergregion». Und die sei auf jeden Fall eine Reise wert.
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