Knallhart-Discounter scheitert am örtlichen Widerstand
Carrefour will eine Harddiscount-Kette in Europa ausrollen. Der erste Versuch zeigt: Auch in der autoaffinen Agglomeration läuft das nicht mehr von selbst.
17.03.2023Der Carrefour-Konzern plant bekanntlich, das Hardcore-Discount-Konzept Atacadão in Europa einzuführen. Die Retail-Kette aus Brasilien – seit 2010 eine Tochtergesellschaft von Carrefour – betreibt gigantische Märkte, in denen die Produkte palettenweise und in Grosspackungen verkauft werden. Das französische «20 Minutes» nannte Atacadão einmal ein «Lidl sous steroïde», also quasi ein Lidl auf Doping.
Insofern ist klar, was man sich darunter vorstellen muss – und damit beginnt das Problem.
Denn der erste Atacadão sollte nach den Plänen von Carrefour in Sevran entstehen, einer 50'000-Einwohner-Stadt in der Banlieue von Paris. Geplanter Eröffnungstermin: Frühherbst 2023.
Der Hypermarkt im Öko-Projekt
Doch offenbar stiessen die Pläne auf grossen Widerstand in der Gemeinde. Der Stadtpräsident und das lokale Gewerbe setzten Himmel und Hölle in Bewegung, um das Projekt zu verhindern. Ein Hauptargument dabei: Atacadão würde das Image der Ortschaft beschädigen.
Denn seit Jahren arbeitet Sevran daran, sich von einem sozial ziemlich herausgeforderten Banlieue-Brennpunkt zu einem nachhaltigen und fortschrittlichen City-Projekt zu wandeln. Und dazu gehört auch, dass es beispielsweise eine ökologische Velostadt werden will.
Ein Hypermarkt, der mit gewaltiger Fläche und zahllosen Parkplätzen preisbewusste Menschen aus dem ganzen Pariser Umland anzieht – das hätte schlecht gepasstzum ganzen Plan der Stadt schlecht.
Carrefour hat Alternativen
«Die Menschen in Sevran verdienen etwas Besseres als dieses Billigprojekt, das Arbeitsplätze bedroht, die Autoideologie ausweitet und das Laden-Angebot schmälert», hiess es etwa in einem Communiqué von Stadtpräsident Stéphane Blanchet.
Solch ein Widerstand stiess in der – nur wenige Kilometer entfernten – Konzernzentrale von Carrefour dann doch auf offene Ohren: Das Projekt wurde nun offiziell abgeblasen. «Die Bedingungen für das Atacadão-Projekt in Sevran sind nicht erfüllt», teilte ein Sprecher gegenüber französischen Medien mit. Allerdings will der Detailhandels-Riese die Lancierung der Marke Atacadão keineswegs stoppen: «Wir kommen auf mehreren anderen Routen voran», so die Mitteilung.
- Zum Thema: Das Comeback der Knallhart-Discounter. In Europa entstehen wieder Billig-Ketten, gegen die herkömmliche Discounter wie Denner, Aldi oder Lidl geradezu feudal wirken.
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