Jelmoli war ein Spezialfall – sein Ende ist kein Signal

Das Schicksal des Zürcher Prestige-Warenhauses sagt letztlich wenig über die Zukunft der restlichen Branche in der Schweiz aus.

6.02.2023
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Perfekter Standort: Jelmoli in Zürich | Bild: PD Jelmoli
Kommt mit der Schliessung des Jelmoli-Stammhauses nun die Sintflut für den Rest der Branche? Die Antwort ist Nein: Das Ende von Jelmoli lässt nur bedingt Schlüsse auf die Zukunft der Kaufhäuser in der Schweiz zu.
Die Situation von Jelmoli war einmalig – in geographischer wie in wirtschaftlicher Hinsicht.
Geografisch, weil das Warenhaus auf speziell teurem Grund steht. Direkt an der Bahnhofstrasse, dieser weltberühmten City-Meile, bringt der Warenhandel nur einen Bruchteil dessen ein, was Büros und Boutiqen in die Kassen der Immobillienbesitzer spülen könnten.
Wirtschaftlich, weil Jelmoli alleine stand: Der Zürcher Solitär konnte keine Synergien nutzen wie die Ketten Globus, Coop City oder Manor.

Das unterscheidet die Mitbewerber von Jelmoli:

  • Sie treten erstens im Flottenverband auf.
  • Sie nisten sich zweitens in ihren Kaufkraftbereichen ein.
  • Und sie haben drittens – im Fall von Coop und Globus – den Vorteil, in Locations zu hausen, die den Warenhausbetreibern gehören, zumindest weitgehend.
Während sich Globus im Luxussegment einzurichten beabsichtigt, zielen Coop City und Manor auf die Kundschaft aus der Mittelschicht.
Ob sich hier in der Schweiz – in grossen und mittelgrossen Städten, in den Einkaufszentren der Agglomerationen und Stadträndern – ein genug grosses und spendables Publikum anziehen lässt, dies wird sich für die Ladenketten auf unterschiedliche Weise beantworten.

Die Zukunftsfragen:

1. Geben sich die Besitzer mit der Rendite zufrieden, die im Detailhandel möglich ist? Für Coop lautet die Antwort wohl ja. Bei Manor ist man sich nach den letzten Verkaufsgerüchten keineswegs sicher. Und Globus muss zunächst überprüfen, ob seine Strategie in der Schweiz in ein paar Jahren ankommen und sich letztlich rechnen wird.
2. Wächst der Appeal des E-Commerce weiter oder hat der stationäre Handel eine Talsohle erreicht? Steht er sogar vor einem Comeback?
In Deutschland etwa steigen laut neuesten Zahlen die Besucherfrequenzen in den Innenstädten wieder. In Schweizer Kernzonen werden lange geschlossene Lokale mit neuen Konzepten und Sortimenten wieder eröffnet, wie man in den letzten Monaten beobachten konnte.
3. Können sich die Warenhäuser als Event-Locations und Treffpunkte neu erfinden, um attraktiv zu bleiben? Darin sehen viele Shoppingzentren ihren Rettungsanker.
Warenhäuser werden sich ebenfalls stetig verändern müssen, um die Konsumenten weg von den Sofas und hinein ins pralle Leben zu locken. Omnichannel-Hubs zu werden ist ein guter, erster Schritt. Attraktivität aber geht insbesondere von Menschen aus, also den Verkäufern und Dienstleistern aller Art auf den Verkaufsflächen.
Klar ist: Die Flurbereinigung bei den Schweizer Warenhäusern geht weiter. Insbesondere Manor wird in den kommenden Monaten ein Gesprächsthema bleiben.
Klar ist auch: Je weniger Marken und Standorte übrig bleiben, desto robuster werden für die Überlebenden die Chancen auf eine nachhaltige Zukunft.
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