Nestlé bricht Convenience-Food-Experiment ab
Vor zwei Jahren investierte Nestlé USA massiv in die Lieferfirma Freshly. Jetzt folgt die Abkehr.
29.11.2022Nestlé startet mit der Investmentfirma L Catterton ein Gemeinschaftsunternehmen: Seine Tochterfirma Freshly wird zusammengelegt mit Kettle Cuisine, einer Catterton-Tochter. Und dabei wird Nestlé bloss noch eine Minderheitsbeteiligung halten.
Freshly bietet frische Mahlzeiten an, die man daheim aufwärmen kann; sie werden per Abo-Modell verkauft und lassen sich per App ins Haus holen. Kettle Cuisine ist ein spezialisierter Hersteller von weitgehend fertigen Suppen, Saucen und Tiefkühlgerichten für den Heimgebrauch; er setzte im letzten Jahr rund 100 bis 150 Millionen Dollar um (so unbestätigte Schätzungen hier, hier).
Es waren mal 950 Millionen
«Das kombinierte Unternehmen wird sich darauf konzentrieren, Kunden in verschiedenen Regionen und über eine Vielzahl von Kanälen ein breites Sortiment an frischen Lebensmitteln anzubieten», teilt Nestlé in einem sehr kurzen Communiqué mit.
Etwas ausführlicher formuliert: Es ist ein Übungsabbrauch. Erst vor zwei Jahren, Ende Oktober, hatte Nestlé Freshly ganz übernommen. Dabei bewertete es das amerikanische HelloFresh-Lookalike mit mindestens 950 Millionen Dollar; hinzu kämen je nach Wachstum noch Earnouts bis 550 Millionen Dollar, so die damalige Mitteilung.
«Dramatische Veränderungen»
Freshly war 2015 gegründet worden, 2017 stieg Nestlé mit einem Anteil von rund 16 Prozent ein. Als die Schweizer die Firma dann 2020 ganz schluckten, war die Rede von über 1 Million gelieferter Mahlzeiten pro Woche. Im Gesamtjahr werde Freshly einen Umsatz von etwa 430 Millionen Dollar erreichen.
Warum also die Kehrwende? «Seit der Übernahme hat es dramatische Veränderungen im Geschäftsumfeld gegeben, etwa günstige neue Direkt-Verkaufsmodelle», sagte ein Nestlé-USA-Sprecher dem Fachmedium «Food Dive». «Wegen solchen Verschiebungen erreichte Freshly nicht die erhoffte Grösse oder Perfomance.»
Draht zu Louis Vuitton und Planted
Die Partnerschaft mit L Catterton eröffne nun die Möglichkeit, frisch zubereitete Lebensmittel einer breiteren Gruppe von Kunden und Regionen anzubieten.
Die Venture-Capital-Firma L Catterton sitzt in Greenwich, Connecticut, und verwaltet hauptsächlich Kapital der französischen Familie Arnault – also der Besitzer des Luxus-Konglomerats LVMH. Sie ist auch einer der wichtigsten Investoren bei der Schweizer Fleischersatz-Firma Planted.
Artikel teilen
Loading
Comment
Home Delivery
Auch interessant
Café-Crème-Index: Starker Preisanstieg, neuer Rekord
Im Schnitt bezahlte man 2023 in den Cafés und in der Gastronomie nun 4,49 Franken pro Tasse.
Fenaco: Wohl doch nichts mit Teuerungs-Ausgleich
Die Gewerkschaften und die Personalkommissionen bezeichnen die Lohnverhandlungen als gescheitert.
Bitte nicht verwechseln: Das sind zwei verschiedene Getränke
Die Davoser Brauerei Monsteiner bekam es mit dem US-Konzern Monster Energy zu tun.
China, Indien, Brasilien: Hier wächst Nestlé in den kommenden Jahren
In den beiden asiatischen Märkten will der Konzern sein Kaffee-Geschäft ausweiten. Brasilien erhält bis 2025 Investitionen von über einer Milliarde Franken.
Mit RecyPac wollen Handel und Industrie Plastikrecycling in Gang bringen
Die neue Organisation will bis 2030 ein effizientes Recycling-System für Verpackungen aus Kunststoffen und Getränkekartons aufbauen.
Alibaba-Gründer Jack Ma steigt ins Food-Business ein
Der chinesische Multimilliardär zeigte seit längerem grosses Interesse an der Lebensmittel-Verarbeitung. Nun hat er dazu ein Unternehmen gegründet.