Neues Modell: Sportartikel abonnieren statt kaufen

Decathlon testet in Belgien einen Paradigmenwechsel: Für 20 Euro monatlich kann man Waren im Wert von 400 Euro nutzen. Das funktioniert offenbar.

2.08.2022
letzte Aktualisierung: 9.05.2023
image
Das Brett fürs Stand-up-paddling ausleihen statt kaufen? Bei Decathlon in Belgien schon möglich | Bild: PD Decathlon
Lasst Zahlen sprechen! 8 bis 12 Prozent mehr Gewinn (Ebit), 5 Prozent weniger Artikel im Lager, doppelt so häufige Ladenbesuche durch die Kundschaft, eine mindestens verdreifachte Profitabilität.
Was klingt wie die Beteuerungen eines Schwadroneurs, sind tatsächlich Resultate aus einem Testkonzept für ein neues Geschäftsmodell von Decathlon in Belgien. Dieses sieht vor, dass Haushalte ein Abonnement auf Sportartikel lösen, das Zugriff auf alle Artikel des Händlers erlaubt.
Für 20 Euro pro Monat kann man Waren im Verkaufswert von 400 Euro nach Hause nehmen – um sie später wieder zurückzubringen. Für 40 Euro steigt der Mitnahme-Wert auf 1000 Euro, für 80 Euro monatlich auf 2000 Euro.
image
Luc Teerlinck, Projektleiter bei Decathlon, testet Nachhaltigkeitskonzepte | Bild: Screenshot Youtube
Der Projektleiter bei Decathlon Belgien, Luc Teerlinck, hat das Konzept mit 70 Familien geprüft und erkennt grosse Vorteile für Kundschaft und Unternehmen: Die Artikel seien länger in Gebrauch; die Kosten auf Kundenseite sinken bis um das Sechsfache; und der Gewinn bei Decathlon steigt.

«Kolossaler Paradigmenwechsel»

Vor allem Familien profitieren davon: Wenn Kinder eine neue Sportart ausprobieren wollen, geht der Einkauf der nötigen Geräte schnell ins Geld. Ist die Lust auf Stand-up-Paddling vorbei, ersetzt man am nächsten Tag die Bretter beispielsweise durch Mountain-Bikes.
Teerlinck betont, «dass wir nicht ein Modell gesucht haben, das profitabler ist als bisherige, sondern nachhaltiger». Dass daraus ein derart gutes Geschäft resultiert, habe ihn überrascht. «Das ist ein kolossaler Paradigmenwechsel für Decathlon.»

Schweiz: Skis und Bohrer zum Ausleihen

Der Konzern tut damit einen pionierhaften Schritt hin zur Sharing Economy. Diese «Wirtschaft des Teilens» hat bei Detailhändlern bisher wenig Resonanz gefunden. In der Schweiz kennt man das saisonale Ausleihen von Sportgeräten vor allem von Ski-Vermietern.
Darüberhinaus verleihen Baumärkte wie Coop Bau&Hobby – demnächst Jumbo – Geräte wie etwa Bohrmaschinen. Selbst die 2013 gegründete Ausleihplattform Sharely hat heute lediglich Jelmoli und Migros Do-it als Partner aus dem Detailhandel im Boot. Den Hauptpart auf der Plattform spielen noch immer private Verleiher.
Das Konzept von Decathlon soll in Belgien demnächst auf 2000 Haushalte ausgedehnt werden. Und falls die bisherigen Resultate bestätigt werden, wird es auf alle Kunden sowie Dienstleistungen wie Eintritte ins Fitnesscenter oder Coachings erweitert.

  • e-commerce
  • handel
  • sport
  • non-food
Artikel teilen

Loading

Comment

Home Delivery
1 x pro Woche. Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Auch interessant

image

Rewe eröffnet erste rein vegane Filiale

Deutschlands zweitgrösste Supermarkt-Kette zielt auf die Vorlieben der Berliner Party-People.

image

Loeb: Stabiler Umsatz – und ein Restaurant aufs Dach

Die Berner Warenhausgruppe konnte 2023 den Umsatz halten. Das Betriebsergebnis bezeichnet Loeb als «erfreulich».

image

Eigenmarken bei Decathlon: Da waren's nur noch neun

Der Sportartikelhändler streicht erneut Hausmarken aus dem Sortiment. Dabei geht der Trend in ganz Europa genau in die andere Richtung.

image

Von wegen Schuhkrise: Deichmann und Dosenbach läuft

Der grösste Schuhhändler der Schweiz – und Europas – erzielte 2023 ein Umsatzplus von sieben Prozent.

image

Lidl Schweiz meldet 1 Million App-Nutzer

Jährlich will der Discounter acht bis zehn weitere Filialen eröffnen – mit einen Fokus in grösseren Städten.

image

Stefan Fraude wird CEO der Competec-Gruppe

Erst vor ein paar Tagen gab MediaMarkt den Abgang seines CEO bekannt. Nun ist klar, wo Stefan Fraude seine «neue Herausforderung» annimmt: beim Brack-Mutterhaus aus Mägenwil.