Österreich: PR-Stunt um höhere Steuer für «Plant based»
In Österreich und Deutschland wird Hafermilch durch die Mehrwertsteuer stärker belastet als Kuhmilch. Der Lieferdienst Gurkerl bezahlt nun die Differenz selber.
6.10.2023Wer in Österreich Kuhmilch kauft, zahlt darauf eine Mehrwertsteuer von 10 Prozent. Wer hingegen zum Milchersatz aus Hafer greift, wird vom Staat mit 20 Prozent zur Kasse gebeten. In Deutschland sieht es ähnlich aus: Für tierische Milch ergibt sich ein Steuersatz von 7 Prozent, für die Variante aus Hafer beträgt er 19 Prozent.
Das wirkt absurd, aber die unterschiedliche Besteuerung erklärt sich, dass unverarbeitete Lebensmittel jeweils einen anderen Satz haben als verarbeitete Produkte. Und pflanzliche Ersatzprodukte sind meist verarbeitet.
Die schräge Lage ruft nun den österreichischen Lebensmittel-Lieferdienst Gurkerl auf den Plan: Er werde bis Ende 2023 die Differenz von 10 Prozent übernehmen – allerdings nur bei den Milchersatzprodukten der Marke Oatly. Denn die beteiligt sich hälftig an der Aktion.
Natürlich ist das zuerst einmal eine pfiffige Marketingaktion. Doch sie zeigt eine schwelende Diskussion in den deutschsprachigen Nachbarländern auf: Sollen pflanzenbasierte Lebensmittel – selbst wenn sie verarbeitet sind – wie naturbelassene Grundnahrungsmittel besteuert werden? Oder soll die Mehrwertsteuer auf Lebensmitteln angesichts der aktuellen Inflation sogar vollständig abgeschafft werden? So forderte es unter anderem der bayerische Ministerpräsident Markus Söder im Juli.
Kuriose Züge
Was für eine Angleichung des Steuersatzes für alle Lebensmittel spricht: Die Aufteilung in Lebensmittel, die zur «Grundnahrung» gehören, und solchen, die das nicht tun, hat etwa in Deutschland kuriose Züge. Während Kartoffeln dazugehören, tun es Süsskartoffeln nicht. Tomaten profitieren vom tieferen Satz, Tomatenketchup nicht. Äpfel werden tiefer besteuert, Apfelsaft höher.
Die beiden Nachbarn könnten sich auf die Schweizer Lösung einigen: Hierzulande werden alle Lebensmittel und alkoholfreien Getränke als «Güter des täglichen Bedarfs» mit dem verminderten Satz von 2,5 Prozent (ab Januar 2024: 2,6 Prozent) besteuert. Das würde die Konsumenten zweifellos entlasten und die Plantbased-Industrie beruhigen.
Und die Händler könnten ab Januar die zusätzlichen 0,1 Prozent übernehmen – wie es Aldi Suisse soeben in einer anderen pfiffigen PR-Aktion verkündet hat.
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