Schon 200 Interessenten für 128 Supermärkte

In Belgien will der Retail-Konzern Delhaize alle Filialen an unabhängige Unternehmer abtreten. Das Projekt stösst auf grosses Interesse – aber auch massiven Widerstand beim Personal.

21.03.2023
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Delhaize-Filiale in Belgien  |  Bild: PD
In Belgien läuft derzeit ein interessantes Projekt: Der Detailhandels-Konzern Delhaize will alle seine 128 Supermärkte im Land abstossen. Oder genauer: Statt sie selber zu verwalten, wird er zum Franchise-Unternehmer und tritt die Geschäfte an unabhängige Partner ab.
«Dies ist die einzige Möglichkeit, weiterhin in eine nachhaltige Zukunft für Delhaize zu investieren», erklärte das Management, als es Mitte März die strategische Wende ankündigte.
Die entscheidende Frage lautet nun: Wie kommt das an?
Antwort: Offenbar zwiespältig. Auf der einen Seite haben sich schon rund 200 Interessenten für die 128 Standorte gemeldet. Wie ein Konzernsprecher zur Nachrichtenagentur Belga sagte, manifestiert sich hier ein ausreichendes Interesse. Denn das offizielle Anwerbungsverfahren hat noch gar nicht begonnen: Eingetroffen sind bislang lediglich Spontanbewerbungen nach den ersten Medienberichten.

Montag: 72 Standorte bestreikt

Die negative Seite der Medaille: Die Gewerkschaften kämpfen zunehmend entschlossen gegen die Atomisierung von Belgiens zweitgrösster Supermarkt-Kette. Sie befürchten, dass die Einzelunternehmer die bisherigen Arbeitsbedingungen und die Löhne des Delhaize-Konzerns nicht beibehalten werden.
Und ihr Aufruf zum Widerstand zeigt Wirkung: Seit vergangener Woche werden Dutzende Delhaize-Filialen in Wallonien wie in Flandern bestreikt. Am gestrigen Montag waren deshalb beispielsweise 72 Läden geschlossen, teilweise wurden auch Warenlager blockiert.
Die Delhaize Group – nicht zu verwechseln mit der Retail-Firma Louis Delhaize – ist Teil des belgisch-niederländischen Ahold-Delhaize-Konglomerats, das 2021 einen Umsatz von 75 Milliarden Euro erzielte. Es führt in Europa, Nordamerika und Asien rund 7'500 Geschäfte.
Heute schon spielen die eigenständigen Delhaize-Händler eine wichtige Rolle im Gesamtkonzern: Neben den 128 eigenen Supermärkten gibt es 636 Delhaize-Stores, die von unabhängigen Partnern betrieben werden.
Es sei stark spürbar, dass hohe Flexibilität inzwischen unabdingbar sei, um die ständig wechselnden Kundenbedürfnisse zu befriedigen, lautet eine Erklärung für das neue Franchise-Modell: «Wir müssen zugeben, dass unsere eigenen Geschäfte im umkämpften Detailhandels-Markt sowohl bei der Rentabilität wie beim Marktanteil rückläufig sind, während unsere unabhängigen Betreiber wachsen. Wir hoffen, mit dieser Entscheidung wieder Wachstum erreichen zu können»: So sagte es Delhaize-Sprecher Roel Dekelver gegenüber dem belgischen Fachorgan «RetailDetail».

Weniger Bürokratie

In den betroffenen Supermärkten sollte die Neuerung keine Auswirkungen auf die Beschäftigten haben, so die Firmenmitteilung. Denn die Idee ist, dass alle Mitarbeiter zu den neuen, unabhängigen Betreibern wechseln.
Allerdings werde die Sache einen «einen schrittweisen Abbau von Stellen in der Zentrale mit sich bringen.» Der Umbau beabsichtigt also auch, den Overhead des Milliarden-Konzerns herunterzustutzen.
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