Konkurrenz für Migros und Coop in einem Zukunfts-Business

FEMSA aus Mexiko will Valora übernehmen. Was sind die Reaktionen? Kommentare am Tag danach.

6.07.2022
image
Klein, flink, alkoholisch und 24 Stunden offen: Oxxo-Shop in Mexico-City   |   Bild: Tyler Hewitt, Flickr Creative Commons
An der mexikanischen Börse erlitten die Aktien von FEMSA den grössten Rückschlag seit dem Covid-Crash von 2020: Dies die Schlagzeile, die das mexikanische Wirtschaftsblatt «El Economista» gestern setzte.
Was zeigt: Die geplante Übernahme von Valora wird im Lande des Übernehmenden anders gewichtet als in der Schweiz.
Die Beobachter in Mexiko stellen einen Aspekt ins Zentrum – er lässt sich schon an den Titeln ablesen: «Oxxo kommt in Europa an» («Milenio»), «Oxxos in der Schweiz und in Deutschland?» («Mediotiempo»), «Oxxo könnte interkontental werden und landet in Europa» («24 horas»), «Werden die Oxxo-Läden in Europa einmarschieren?» («La silla rota»).
image
Aufmacher von «El Economista», 5. Juli 2022.
Und so weiter. Aus mexikanischer Sicht steht erstens der grosse Schritt von FEMSA nach Europa im Zentrum – und zweitens dessen bekannte Shop-Marke Oxxo.
Allerdings erläutern die Beiträge schon auch, dass das FEMSA-Management in Monterrey die Valora-Marken beibehalten will, weshalb die Europäer kaum mit «Oxxos» überschwemmt werden; und auch, dass der europäische Firmensitz in Muttenz stehen dürfte. Dabei findet die strategische Expansion viel Sympathien.

Valora zieht nach unten

Weshalb also der Rückschlag der FEMSA-Aktie? Der Preis wird in Mexiko als deutlich zu hoch erachtet. In «El Economista» rechnete es ein Analyst technisch-trocken vor: «Die Übernahme zu höheren Multiplikatoren als denen, die Valora selbst angibt, bedeutet, dass die Integration die Bewertung von FEMSA negativ beeinflusst. Deshalb passt der Markt den Kurs an.»
In der Schweiz stehen zwei andere Aspekte im Zentrum: Erstens – ebenfalls – der Preis. In ihren Kommentaren erinnern «Cash», CH-Medien wie auch die «Handelszeitung» daran, dass die angebotenen 260 Franken pro Aktie zwar ganz hübsch sind; doch angesichts früherer Höhenflüge dürften viele Investoren nun schlecht wegkommen.
Und sowohl die AZ als auch die HZ erinnern daran, dass die Sache noch gar nicht durch ist: Immer noch könnten weitere Anbieter auftauchen.

Umsatz 2021
Reingewinn 2021
Beschäftigte
Anzahl Shops
Valora
1,75 Milliarden Franken
8,6 Millionen Franken
3'600
ca. 2'700
FEMSA
26,4 Milliarden Franken
1'800 Millionen Franken
325'000
ca. 25'000
«Fragt sich einzig noch: Kommt der Deal mit Femsa wie geplant zustande – oder erhält Valora in den kommenden Monaten plötzlich noch ein lukrativeres Angebot?», rätselt etwa die «Aargauer Zeitung»: «Denn so manche europäische Detailhandelsfirma dürfte sich nun überlegen, ob man dem mexikanischen Konkurrenten das Feld überlassen will oder nicht.»
Wer aber könnte Femsa überbieten? – so die Folgefrage. Worauf die AZ an einen Report der ZKB aus dem Jahr 2021 erinnert: Dieser mutmasste, dass Coop oder Migros mittelfristig Interesse an Valora zeigen könnten.
Tatsächlich hielt ZKB-Analyst Gian Marco Werro auch gestern ein Gegenangebot der Migros für «nicht ausgeschlossen».

Es geht ums Convenience-Business

Womit wir beim zweiten Hauptthema der hiesigen Kommentare sind: Welche Folgen könnte der Valora-Deal für den helvetischen Detailhandel haben? Manch einer sieht einen neuen Konkurrenten für die beiden orangen Platzhirsche über den Atlantik segeln.
«Müssen Migros und Coop jetzt zittern?», fragt etwa die «Aargauer Zeitung» im erwähnten Kommentar. Subthese: Mit ihren 26 Milliarden Franken Umsatz sei FEMSA in einer ähnlichen Liga wie die beiden Grossen der Schweiz. Allerdings entstammen bei FEMSA bloss rund 55 Prozent des Umsatzes dem Detailhandel, und dieser Umsatz wird hauptsächlich in kleineren Convencience- und 24-Stunden-Shops sowie in Apotheken erzielt. Geht es also um die Einkaufsmacht, so dürfte die Power der Mexikaner auf dem alten Kontinent auch Grenzen haben.

«Blutauffrischung»

Die «Neue Zürcher Zeitung» wittert hier immerhin eine positive Belebung des Geschäfts. «Eine Blutauffrischung tut dem Schweizer Detailhandel gut», so der Online-Titel.
Die Argumentation: «Es ist gut, wenn es einen weiteren namhaften Anbieter gibt mit einem starken ausländischen Partner im Rücken.»
Valora stehe vor allem in Konkurrenz mit Migrolino und den Coop-Pronto-Shops – und dieses Geschäft werde immer wichtiger. Hier entstehe eine echte Herausforderung für die klassischen Migros- und Coop-Supermärkte.
«Wenn Migros und Coop ihre traditionelle Dominanz nicht einfach in diesem Zukunftsgeschäft weiterführen können, ist das zu begrüssen», so die NZZ: «Eine schlagkräftige Valora-Gruppe verspricht Konkurrenz – auch zum Wohle der Kunden.»
  • food
  • handel
  • valora
Artikel teilen

Loading

Comment

Home Delivery
1 x pro Woche. Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Auch interessant

image

Mondelez mit neuer Position: Senior Marketing Director DACH

Charles-Henri Casala wird beim Snack- und Süsswaren-Konzern das gesamte Marketing für Deutschland, Österreich und die Schweiz verantworten.

image

Galaxus, Amazon, Zalando: Hier kaufen Schweizer online ein

Die Migros-Tochter hält sich vor der ausländischen Konkurrenz. Ricardo und Microspot führen das Mittelfeld der beliebtesten virtuellen Märkte an.

image

Bauhaus setzt wie Hornbach auf flexible Arbeitszeiten

Der Baumarkt-Betreiber erlaubt seinen Mitarbeitern in Deutschland freier gestaltbare Arbeitsmodelle und geht damit in dieselbe Richtung wie Konkurrent Hornbach.

image

Grösstes PayTech Europas: Nets in der Schweiz wird zu Nexi

Nets in der Schweiz sowie Concardis in Deutschland und Österreich treten neu als Nexi auf. Mit dem einheitlichen Marktauftritt bringt Nexi Schweiz die innovativen Zahlungslösungen der Gruppe zu attraktiven Preisen an die Ladenkassen und in die Webshops der Schweizer Händler.

image

Decathlon baut sein Schweizer Filialnetz aus

Im Herbst kommen vier neue Standorte in Biel, Bern, Davos und Martigny dazu.

image

Das sind die neuen Mindestlöhne im Gastgewerbe

In der Gastronomie erhalten die GAV-Angestellten den vollen Teuerungsausgleich plus eine kleine Reallohn-Erhöhung.