«Dank dem Plastik hält die Salatgurke fünfmal länger»
Ein Steak weniger essen bringt mehr als ein Jahr Plastik recykeln: Ein Umwelttechniker wendet sich gegen die kurzsichtige Plastik-Verbotspolitik.
11.06.2023Bild: charlesdeluvio on Unsplash von: on UnsplashDer Kampf gegen das Plastik ist ein Dauerbrenner der Umweltpolitik (und im Detailhandel). Viel beachtet wurde deshalb ein Interview, das der Umwelttechniker Rainer Bunge jetzt der «Sonntagszeitung» gab.
Denn Bunge, Professor für Umwelt- und Verfahrenstechnik an der Ostschweizer Fachhochschule, erachtet den allgemeinen Kampf gegen Plastik-Verpackungen bloss als Ritual ohne viel Sinn.
«Man befreit sich von seinen ökologischen Sünden, indem man auf Strohhalme, Einwegbesteck und Wattestäbchen aus Plastik verzichtet. Das ist ein Bedürfnis der Menschen», so Bunge im SoZ-Interview: «Auf die Bratwurst oder den Flug nach Mallorca will man dann aber lieber nicht verzichten. Obwohl das natürlich viel mehr bringen würde.»
«Die Industrie verpackt die Produkte nicht aus ökologischer Bosheit, sondern um den wertvollen Inhalt zu schützen.»
Natürlich sei Plastikmüll in Ländern ohne funktionierende Abfallentsorgung ein grosses Problem. Doch in der Schweiz sei die Lage anders: «Das Problem ist nicht Plastik, sondern der Konsum. Der Inhalt ist aus ökologischer Sicht viel relevanter als die Verpackung. Ein einziges Grillsteak weniger zu essen, bringt etwa gleich viel, wie ein Jahr lang Plastik zu recyceln.»
Entsprechend kritisiert Bunge die EU-Verbote von Einwegbesteck und Röhrli aus Plastik. Denn auch da sei die Entsorgung der entscheidende Punkt – und die Staaten der EU seien hier völlig unterschiedlich aufgestellt.
Für alle die gleiche Brille
«Allen Mitgliedstaaten die gleichen Massnahmen aufzuzwingen, ist etwa so, wie wenn ein Optiker allen seinen Kundinnen und Kunden die gleiche Brillenkorrektur verschreibt.»
Man müsse akzeptieren, das die Verpackung – auch aus Plastik – einen Sinn habe; «in den meisten Fällen erfüllt die Verpackung einfach ihren Zweck, etwa Lebensmittel länger haltbar zu machen. Die Industrie verpackt die Produkte nicht aus ökologischer Bosheit, sondern um den wertvollen Inhalt zu schützen. Ein Beispiel: Dank dem Plastik um die Salatgurke hält sie fünfmal länger. Die Verschwendung von Lebensmitteln wäre ohne Plastikverpackungen viel grösser.»
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