Knallhart-Discounter: Experiment wird abgebrochen

Vor einem halben Jahr lancierte die dänische Salling Group eine neue Hard-Discount-Kette. Die Läden werden bereits wieder geschlossen. Aus spannenden Gründen.

30.05.2023
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Die Menschen wollen mehr als nur billig: «Basalt»-Filiale  |  Bild: PD Salling Group
«Das Comeback der Knallhart-Discounter»: So titelten wir vor einem halben Jahr. Und weiter: «In Europa entstehen wieder Billig-Ketten, gegen die herkömmliche Discounter wie Denner, Aldi oder Lidl geradezu feudal wirken.»
Es ging um eine durchaus naheliegende Idee: Wegen der teils dramatisch steigenden Inflation entwickelten diverse Detailhändler neue Ultra-Günstig-Ketten.
  • Carrefour kündigte den Ausbau seiner Supeco-Billigst-Kette in Spanien an. Und vor allem versprach der französische Konzern die Lancierung einer Marke namens «Atacadão» in Frankreich.
  • Die Casino-Gruppe experimentierte – ebenfalls in Frankreich – mit einem Billigst-Konzept namens «LP».
  • Und in Dänemark entwickelte der Food-Marktführer Salling («Bilka», «Netto») ein Format namens «Basalt».
Das Prinzip war jeweils dasselbe: Es ging um Hard-Discounter alter Schule – Grundnahrungsmittel zum Tiefstpreis; ein enges Sortiment, verkauft in grossen Verpackungen, präsentiert auf Paletten; kaum Frischprodukte, wenig Markenprodukte. «No frills».

Das Energiepreis-Jo-Jo

Aber siehe da: Nun wird das ambitionierteste dieser Projekte schon wieder abgebrochen. Die dänische Salling Group gab soeben bekannt, dass sie ihre «Basalt»-Hartdiscounter schliessen wird. Die Läden sollen in normale «Netto»-Supermärkte umgewandelt werden.
Basalt hatte versprochen, dass seine Produkte um 15 bis 20 Prozent unter den üblichen Preisen liegen werden. Dennoch hielt sich sich die Nachfrage offenbar in Grenzen; und speziell interessant ist die Haupt-Erklärung des Salling-Managements für den Übungsabbruch: Es sind die Energie-Preise.
«Die Kunden bevorzugen Aktionsangebote, sie möchten nicht einfach an einem Ort bloss den Grundbedarf zu festen Tiefstpreisen einkaufen.»
Die Energiekosten hätten sich wieder auf ein tieferes Niveau eingependelt – aber gerade ein minimaler Energieverbrauch sei «eines der Grundprinzipien von Basalt» gewesen. Beispielsweise verzichtete die Kette auf Kühlschränke und Tiefkühltheken; oder sie hatte auch kürzere Öffnungszeiten, um dadurch den Energieverbrauch zu optimieren.
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Tiefstpreis-Charme: Innenansicht des «Basalt»-Stores in Kastrup bei Kopenhagen  |  Bild: PD Salling Group
Hinzu kommt eine gewisse Entspannung bei der Teuerung. «Wir haben unser Preisversprechen gehalten und den Kunden die täglichen Lebensmitteleinkäufe zu den klar tiefsten Marktpreisen gesichert», so die Mitteilung aus Kopenhagen: «Wir sehen aber, dass die Kunden Aktionsangebote bevorzugen – sie möchten nicht einfach an einem Ort bloss den Grundbedarf zu festen Tiefstpreisen einkaufen.»

Widerstand in Frankreich

Bleibt zu verfolgen, wie Carrefour mit seinem ähnlich gelagerten Konzept «Atacadão» verfährt. Auch dies scheint kein leichtes Spiel zu werden. Jedenfalls stiess der erste geplante Standort in Sevrant bei Paris auf massiven Widerstand.
Der Stadtpräsident und das lokale Gewerbe setzten Himmel und Hölle in Bewegung, um das Projekt zu verhindern. Ein Hauptargument dabei: Atacadão würde das Image der Ortschaft beschädigen.
«Die Menschen in Sevran verdienen etwas Besseres als dieses Billigprojekt, das Arbeitsplätze bedroht, die Autoideologie ausweitet und das Angebot an Läden schmälert», stand in einem Communiqué von Stadtpräsident Stéphane Blanchet.
Carrefour zeigte Verständnis. Der Konzern setzte das Projekt in Sevran «on hold» – und sucht nun andere Standorte.
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